Die Geschichte der Kirchengemeinde St. Petri zu Ratzeburg

Die St.-Petri-Kirche wird erstmals in einer Urkunde von Propst Heinrich von 1301 als ecclesia sancti Petri in insula Raceborg erwähnt. Das Kirchspiel St. Petri ist demnach in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden, denn im Ratzeburger Zehntregister gehörte das Burgfeld, auf dem später die Stadt Ratzeburg entstand, noch zur Pfarre Schmilau. Beim Beschuss Ratzeburgs in Folge des Lauenburger Erbfolgestreits 1693 blieb die St.-Petri-Kirche eines der wenigen unbeschädigten Gebäude, wurde aber 1787 schließlich wegen Baufälligkeit abgebrochen. St. Petri war nicht nur die Kirche der Stadtbürger, sondern auch die der in Ratzeburg stationierten Garnison und seit 1705 auch Sitz und Predigtstätte des Landessuperintendenten.

Beim Neubau der Kirche 1787 wurde auch der Friedhof außerhalb der Stadt an den Steindamm verlegt. Als sich im 19. Jahrhundert der Friedhof als zu klein erwies, wurde 1860 zwischen Schweriner und Seedorfer Straße ein neuer Friedhof angelegt. Hier fand 1938 auch der Bildhauer Ernst Barlach, der in Ratzeburg einen Teil seiner Kindheit verlebt hatte, seine letzte Ruhe. Die Friedhofskapelle wurde 1963 nach Plänen des Kieler Architekten Wilhelm Neveling errichtet.

Die St.-Petri-Kirche

Die heutige St.-Petri-Kirche wurde von 1787 bis 1791 nach Plänen des Landesbaumeisters Friedrich Laves aus Bardowick und nach Vorbild der Potsdamer Garnisonskirche als Querschiffsaalkirche errichtet. Auf den im Entwurf von 1787 vorgesehenen Turm wurde aus Kostengengründen beim Bau der Kirche jedoch verzichtet. Erst 1911 erhielt die Kirche einen erweiterten Dachreiter als Glockenturm. Der Innenraum wird durch die doppelstöckigen umlaufenden Emporen und den Kanzelalter mit Verzierungen im spätbarocken Zopfstil geprägt. Über dem Kanzelalter befindet sich auch die Orgel; diese Anordnung ist ungewöhnlich und in Schleswig-Holstein nur noch in zwei weiteren Kirchen anzutreffen. Aus der Vorgängerkirche wurden die um 1400 aus Eichenholz geschnitzten Figuren von Maria und Johannes und die Messingleuchter der unteren Empore übernommen. Das Altarkreuz wurde 1977 von dem Hamburger Klaus Luckey geschaffen. 1974 wurde die Kirche einer gründlichen, aber behutsamen Renovierung unterzogen, in deren Zuge auch die von dem Hamburger Künstler Claus Wallner geschaffenen Fenster mit Szenen aus dem Leben des Petrus eingebaut wurden. 1991 bekam die St.-Petri-Kirche wieder zwei Messingkronleuchter im flämischen Stil nach historischem Vorbild. Die ursprünglichen Leuchter waren im Zweiten Weltkrieg abgeliefert worden, und die in den 1960er Jahren angeschafften modernen Lampen entsprachen weder dem geänderten Zeitgeschmack noch dem Charakter des Kirchenraums. Die jüngste Sanierung fand 2009 bis 2012 statt. Es wurden Ausbesserungen am Mauerwerk vorgenommen, Dach und Glockenturm saniert und die Türen sowie der Innenraum erhielten einen neuen Anstrich, der dem ursprünglichen Zustand sehr nahekommt.

Kirchenzentrum St. Ansverus

Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Bevölkerungszahl Ratzeburgs durch den Zustrom von Flüchtlingen stark an, so dass in der Vorstadt ein neues Siedlungsgebiet für 4.000 bis 5.000 Menschen entstand. 1955 wurde an der Mechower Straße ein Gemeindezentrum mit Pfarrwohnung, Kindergarten und Gemeinderäumen gebaut. Der Kindergarten wurde 1972 in die Gartenstraße verlegt, und 1974 wurde das Ansverushaus erweitert und bekam einen für Gottesdienste geeigneten Kirchsaal und einen Glockenturm. In den 1990er Jahren wurde der Altarraum mit Altar, Taufe und Lesepult in der heutigen Form neu gestaltet.

Dieser Text ist ein verkürzter Auszug aus dem Bildband  „Salz der Erde – Licht der Welt – Evangelisch-Lutherische Kirche zwischen Trave und Elbe“ mit Texten von Dr. Claudia Tanck und Fotografien von Manfred Maronde. Das Buch ist 2016 im Hinstorff-Verlag in Rostock erschienen und kann zum Preis von € 29,99 in den Kirchenkreisverwaltungen in Lübeck und Ratzeburg sowie im örtlichen Buchhandel bezogen werden.