21 Schülerinnen und Schüler informierten sich im November 2013 in Ratzeburg ein Wochenende lang über das Theologiestudium und den Beruf des Pastors - und gingen dabei Fragen nach wie: Wer bin ich? Glaube ich genug? Muss ein Pastor eigentlich immer ernst sein?
Leas Augen strahlen. Das Mädchen mit dem langen Zopf erzählt von ihrem Werdegang – dass sie Kinderbibelnachmittage besuchte, ihre Konfirmation mit 13 Jahren erhielt, ein Praktikum in ihrer Kirchengemeinde Siebeneichen absolvierte, dort Teamerin und schließlich Jugendgruppenleiterin wurde. Heute befindet sich die 17-Jährige auf dem „Wegweiser-Wochenende“, eine geballte Informationsveranstaltung rund um das Theologiestudium. Organisiert werden die im Frühjahr und Herbst stattfindenden Info-Wochenenden von Pastorin Dr. Christiane de Vos vom Projekt zur Gewinnung von pastoralem Nachwuchs der Nordkirche und ihrem Kollegen Pastor Dr. Christian Butt, Pädagogischer Studienleiter im Prediger- und Studienseminar der Nordkirche.
Hinter den dicken historischen Mauern des Domhofs 18a in Ratzeburg erfahren 14 Schülerinnen und sieben Schüler aus den Jahrgängen 1993 bis 1996 alles rund um Aufbau, Inhalte und Berufsmöglichkeiten des Theologiestudiums. Die Jugendlichen aus dem Gebiet der Nordkirche gehen Fragen nach wie: „Wer bin ich? Was kann ich?“, sichten ihre eigenen Wege und die von anderen, erhalten Einblicke in das große Thema Theologie, in den Beruf des Seelsorgers und durchlaufen ein „Lernkarussell“ mit vier Stationen (Systematische Theologie, Praktische Theologie, Exegese und Kirchengeschichte). Sie lernen auch „echte“ Gemeindepastorinnen und -pastoren kennen, bereiten einen Gottesdienst vor und gestalten diesen.
„Ich empfinde es als eine privilegierte Aufgabe, diese Wochenenden mit den Jugendlichen zu verbringen. Sie sind pfiffig, klug, denken und reden mit, erkennen Zusammenhänge – kurz, sie sind einfach tolle Typen“, erklärt Christian Butt begeistert. Neben dem theoretischen Teil sollen sich die Schüler auch untereinander kennenlernen und dabei merken, dass sie nicht die „Einzigen auf der Welt“ sind, die glauben. „Das ist immer sehr spannend mitanzusehen“, so Butt fasziniert. Es finde zudem eine Vernetzung statt, die anhalte. Fragen, die die Teilnehmer besonders oft bewegen würden, seien folgende: „Glaube ich genug? Bin ich fromm genug? Muss ein Pastor ernst sein?“ Christian Butt lacht: „Und dann sind die Schüler ganz erstaunt, dass es locker und fröhlich bei uns zugeht und Pastoren ganz normale Leute sind.“
„Zwischen 150 bis 180 junge Menschen schreiben sich jährlich im Raum der Nordkirche zum Theologiestudium ein“, berichtet Christiane de Vos weiter. „Die Zahl hört sich hoch an – doch es findet während des Studiums oft ein Wechsel statt und die Studenten entscheiden sich gegen den Pastorenberuf“. Das sei jedoch in Ordnung: „Der junge Mensch muss aus ganzem Herzen von seiner Berufswahl überzeugt sein.“ Derzeit stünden auf einer Liste der Landeskirche, auf der sich Studenten mit dem Berufsziel Pastor eintragen können, 204 Studenten. „Das ist unser konkreter Nachwuchs“, erklärt de Vos. „Die Zeiten haben sich geändert. Heute wird mit Blick auf die Pensionierungswelle ab 2018 händeringend Nachwuchs gesucht. Wir brauchen pro Jahr etwa 30 Pastoren, die sich in volle Stellen ordinieren lassen. Aber nicht jeder startet gleich mit einer vollen Stelle. Nach Studium und Vikariat ist es oft die Zeit, in der Familien gegründet werden“. Das Theologiestudium allein nehme zwischen zwölf und 15 Semestern Zeit in Anspruch, das anschließende Vikariat zweieinhalb Jahre. Vier Universitäten bieten den Studiengang im Gebiet der Nordkirche an: Hamburg, Kiel, Rostock und Greifswald.
Lea und ihre Mitstreiter hören konzentriert zu, während Christiane de Vos, Christian Butt und die Theologiestudenten Katharina Schunck aus Hamburg sowie Kristian Herrmann aus Rostock erzählen. Die Schüler haben viele Fragen – auch die nach der Bezahlung des Vikariats: „Rund 1200 Euro netto“, antwortet de Vos. Oder nach Auslandsaufenthalten: „Natürlich – es kann ein halbes oder ganzes Jahr aus Auslandsvikariat an das Kernvikariat in Deutschland gehängt werden.“ Auch weitere Berufsmöglichkeiten eines Theologen werden angerissen: „Es bieten sich viele Möglichkeiten an: Journalistik, Verlagswesen, eine Personalabteilung in der freien Wirtschaft, im Beratungsbereich oder gar das Bundespräsidialamt.“ Letzteres sagt Christiane de Vos augenzwinkernd mit Blick auf den aktuellen Bundespräsidenten. Und ernsthafter: „Es gibt tatsächlich sehr viele Politiker, die Theologie studiert haben.“
Die politische Richtung würde Antoine Schneider aus Hamburg ansteuern: „Sollte ich Theologie studieren, möchte ich kein Pastor werden. Mit dem Studium möchte ich mir theologisches Wissen aneignen und alles über Gott erfahren.“ Hinter diesem Ziel steht bei dem 17-Jährigen der hehre Wunsch, die Welt zum Positiven zu verändern. „Ich will helfen, Gott auf die Erde zu den Menschen zu holen – im Kleinen und im Großen.“ Philipp Kurowski (17), der in einem kleinen Ort nahe Greifswald wohnt, steht Gott etwas kritischer gegenüber: „Ich bin christlich erzogen – aber ich habe viele Fragen. Vielleicht könnte mir ein Theologiestudium dabei helfen, die Zweifel zu beseitigen“. Generell könne er sich aber vorstellen, später als Gemeindepastor zu arbeiten. Für die 18-jährige Jennifer Murasch aus Bremen ist Pastorin seit vier Jahren der Traumberuf überhaupt. „Das habe ich während des Praktikums bei unserem Pastor herausgefunden. Mich fasziniert diese Arbeit sehr“.
Das nächste Informationswochenende findet vom 9. bis 11. Mai 2014 statt. Mehr zum Thema gibt es unter www.die-nachfolger.de.
Foto: Antoine Schneider, Jennifer Murasch, Lea Dohrmann und Philipp Kurowski (v. li.) besuchten das „Wegweiser“-Informationswochenende zum Theologiestudium in Ratzeburg.