Mittendrin im Hafen, 12.10.2011

Die Taschen sind ausgepackt und es ist wieder Alltag eingekehrt. So weit das eben in der Seemannsmission der Fall sein kann. Denn jeder Tag ist anders für das Team um Diakon Jürgen Classens.

Die Taschen sind ausgepackt und es ist wieder Alltag eingekehrt. So weit das eben in der Seemannsmission der Fall sein kann. Denn jeder Tag ist anders für das Team um Diakon Jürgen Classens.

Seit einem Jahr nun ist der Club der Lübecker Seemannsmission am Lehmannkai in Siems. „Das ist gut, so sind wir mittendrin im Hafen, bei den Seeleuten“, so Classens, „und genau für die ist unser Angebot ja gemacht.“ Es war eine glückliche Wendung, als die Seemannsmission auf die Suche nach einer neuen Unterkunft ging. An der Untertrave wird demnächst das Hansemuseum entstehen, wo früher die Seeleute ein Bett, ein Gespräch oder einfach nur Gesellschaft fanden. Doch die Seemannsmission kam in Räumen an der Seelandstraße 15, am Lehmannkai 2, im Herzen des Hafengeschehens unter.
Zwischen Zoll und Hafenbecken, dort wo die Lkw auf das Gelände kommen, ist der Club „Sweder Hoyer“ zu finden. Drei Mal in der Woche öffnen die Ehrenamtlichen die Pforten des Clubs. Sie alle sind meist alte Seebären und haben lange mit und von der Seefahrt gelebt. Sie wissen, wie es ist, lange Zeit weg von Zuhause zu sein, die eigene Sprache nicht sprechen zu können.

Auf den Schiffen, wird Englisch gesprochen. „Aber das ist mehr eine Arbeitssprache, die vorwiegend aus Befehlen und kurzen Anweisungen besteht“, so Classens. Eine richtige Unterhaltung ist auf grund geringer Sprachkenntnisse oft unmöglich. Russen arbeiten neben Filipinos, Deutsche neben Burmesen, Letten oder Chinesen. Die Tage sind von einem festen Arbeits- und Schlafwechsel geprägt, sechs Stunden arbeiten – sechs Stunden frei. Privatvergnügen oder Freizeit sind Fremdworte. Die Seemannsmission ist eine willkommene Abwechslung. Dort gibt es Bücher, einen Billardtisch und eine Gitarre. „Musik ist so wichtig, darüber verstehen sich ganz viele Menschen auch ohne die Sprache der anderen zu können“, berichtet Classens und weiß, dass sich das auch auf die Arbeit auf dem Schiff auswirkt.

Bis jetzt haben mehr als 600 Gäste den Club der Seemannsmission besucht. „Wir genießen ein hohes Ansehen bei Seeleuten aller Nationalitäten“, ist Classens stolz auf die Arbeit der Deutschen Seemannsmission. Er selbst macht diesen Job bereits seit 34 Jahren. Warum? „Was ich hier hineingebe, bekomme ich mehrfach zurück“, bringt Classens das besondere Miteinander auf den Punkt. An Land gebe es diese Aufmerksamkeit und Fürsorge füreinander nicht so schnell.

In den Jahren hat Classens aber auch einen Wandel miterlebt, auf den er und sein Team immer mehr reagieren müssen. Die Struktur der Seemannsmission hat als Kirche für Seeleute seit jeher eine „Geh-Struktur“. Sie geht zu den Seeleuten und erwartet nicht, dass sie zu ihr kommen und unterscheidet sich so wesentlich von anderen Kirchen. „Wir sind Kirche für Seeleute und gehen zum Arbeitsplatz der Menschen an Bord, bieten uns als Gesprächspartner an. Kurz: Wir leben das Christentum, ohne es zu sagen und machen Seefahrt menschlicher!“ so Classens.