Ratzeburg. Zum Osterfest 2025 – ein Beitrag von Philip Graffam, Propst im Herzogtum Lauenburg.
„Maria stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, beugte sie sich in das Grab hinein und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo der Leichnam Jesu gelegen hatte.
Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du?
Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist.
Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du?
Sie meint, es sei der Gärtner …“
(Johannes 20,11ff.)
Ich stelle mir einen Garten vor. Früh am Morgen. Noch liegt Dunst über dem Boden, die Luft ist feucht, und alles wirkt still, wie eingefroren. In der Mitte steht eine Frau. Maria. Sie weint. Und dann tritt jemand zu ihr – vielleicht mit einer Schaufel in der Hand, vielleicht mit Spuren von Erde an den Fingern. Und sie hält ihn für den Gärtner.
Was für ein bewegender Moment. Und ich frage mich: War das wirklich ein Irrtum? Oder vielleicht ein ganz tiefer, richtiger erster Blick? Vielleicht war es wirklich der Gärtner?
Ich finde diesen Gedanken tröstlich und schön: dass der Auferstandene sich nicht mit großem Spektakel zeigt, sondern inmitten der Erde, der Pflanzen, der frühen Morgenstunde. Nicht als Triumphator, sondern als jemand, der sich kümmert. Als einer, der pflanzt. Der auflockert. Der umgräbt und vorbereitet. Als Gärtner eben.
So einen wünsche ich mir für die Welt
Wenn ich ehrlich bin, dann wünsche ich mir so jemanden für unsere Welt. Für unsere Gesellschaft, für unsere Kirche – und für mein eigenes Leben auch. Nicht unbedingt den schnellen Sieg über das, was schwer ist, sondern einen, der bleibt. Der sich bückt. Der sich Zeit nimmt. Der weiß, wie lange es dauert, bis etwas wächst.
Gerade jetzt, wo vieles brüchig ist – in der Gesellschaft wie in der Kirche – ist dieses Bild für mich eine Hoffnung: Dass da einer ist, der schon längst dabei ist. Mitten im scheinbaren Chaos. Mitten in den Fragen und Umbrüchen. Einer, der mit einer Schaufel in der Hand da steht und sagt: Es lohnt sich, weiterzugraben. Es lohnt sich, neue Wurzeln zu setzen.
Vielleicht ist Ostern genau das: ein leiser Anfang. Nicht mit Posaunen und Pauken, sondern mit dem Duft der Erde und der Ahnung von neuem Leben. Vielleicht entdecken auch wir den Auferstandenen nicht dort, wo wir ihn erwarten – sondern genau da, wo das Leben wieder zu keimen beginnt.
Ich wünsche Ihnen und euch ein gesegnetes Osterfest – mit einem offenen Blick für den, der da so als Gärtner daherkommt.
Und vielleicht ja auch mit einer neuen Hoffnung: Für unser Miteinander. Für die Kirche. Für diese Welt.
Gesegnete Ostern