St. Marien, Lübeck Ausstellung gibt Einblicke in 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Die Ausstellung „Painting to remember“ ist vom 14. Juli bis 15. September 2021 in St. Marien zu sehen. Copyright: Bastian Modrow

Anlässlich des Jubiläumsjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ (321 bis 2021) ist die Ausstellung „Painting to remember“ bis 15. September 2021 in St. Marien zu sehen. Sie ist eine Kooperation mit der Liberal-jüdischen Gemeinde Lübeck und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Lübeck.

Dem Vergessen entreißen

Einhundert Werke des Berliner Malers Alexander Dettmar werden zu sehen sein. Seine eindrücklichen Ölgemälde führen vor Augen, was fehlt: Synagogen, die bis 1938 selbstverständlich zum Stadtbild gehörten. Mit seiner Malerei entreißt der Künstler sie dem Vergessen. 

Zwar wurde die Lübecker Synagoge in der St. Annenstraße In der NS-Zeit nicht zerstört. Die Tatsache aber, dass auf sie als erster im Nachkriegsdeutschland ein Brandanschlag verübt wurde, weist auf die bleibende Aktualität der Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Antisemitismus in unserem Land hin. 

Zerstörte Synagogen in der Zeit des Nationalsozialismus

Alexander Dettmar, auf Architekturmalerei spezialisierter Künstler, stellt Synagogen dar, die in der Zeit des Nationalsozialismus zerstört wurden. Seine malerische Erinnerung an verlorene Architektur ist ein Zeugnis des Leids der Menschen jüdischen Glaubens und somit Ausdruck tiefer Trauer. Die monumentalen Bauwerke waren einstmals markante Wegpunkte in vielen Städten.

Abstraktion und Authentizität 

In seinen Ölgemälden baut der Künstler die Gebäude wieder auf. Dabei will er nicht, dass die Gebäude neu und unbefleckt daherkommen. Vielmehr geht es ihm trotz Abstraktion um eine Authentizität. Warme Erdtöne dominieren auf den Bildern und lassen die Gebäude in einer vom Maler beabsichtigten Wucht wirken. Auch wenn Dettmar die Architektur in den Mittelpunkt seiner Malerei rückt, geraten die Menschen, die zu den Synagogen gehörten, nicht in Vergessenheit. „Die Erinnerung soll beim Betrachten meiner Bilder langsam dazu kommen“, sagt Dettmar.

Judenverfolgung und mangelnde Zivilcourage

Er erklärt, die Judenverfolgung im „Dritten Reich“ sei das Thema, welches ihn in seinem Leben am meisten umgetrieben habe. Er habe sich immer wieder gefragt: „Wie konnte das passieren? Wie kam es, dass diese Mischung aus Neid, Häme und mangelnder Zivilcourage so viele Menschen beherrscht hat?“ Zum Leitmotiv für seine Arbeit hat er einen Ausspruch des Berliner Rabbiners und Holocaust-Überlebenden Leo Baeck gemacht: “Bewahrt ihre Spuren!“

Auf Spurensuche in der Geschichte

Jahrelang reiste Alexander Dettmar in Deutschland umher und suchte nach Spuren des Zerstörten und Verlorenen, malte das aus der Realität Entschwundene, das Städten und Gemeinden bis heute unsichtbare Stempel aufdrückt. Seine Bilder beschwören eine versunkene Welt, zeigen Solitäre oder demonstrieren das Sicheinfügen der jüdischen Gotteshäuser in die sie umgebende „christliche“ Bebauung und beschreiben einen Spannungsbogen, der von grandiosen Bauleistungen bis zur kleinen Landsynagoge reicht. Alexander Dettmars Bilder, in denen schon die Wehmut kommenden Verlustes spürbar ist, lassen den Reichtum jüdischer Kultur in Deutschland erahnen und machen Selbstbehauptung und Integrationswillen jüdischer Gemeinden erfahrbar. (Dr. Thomas Gädeke)

Ein Rahmenprogramm ergänzt die Ausstellung mit Konzerten, Filmen und Künstlergesprächen.

Die Vernissage ist am Mittwoch, 14. Juli 2021 um 18 Uhr. Die Schirmherrin ist Bischöfin Kirsten Fehrs.

Quelle: St. Marien zu Lübeck