Andacht für Zuhause
2. Sonntag vor der Passionszeit
Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.
Hebräer 3,15
Zünden Sie eine Kerze an und feiern Sie diese Andacht im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Psalmgebet (Psalm 119, 89-92; 103-105; 116)
HERR, dein Wort bleibt ewiglich,
so weit der Himmel reicht;
deine Wahrheit währet für und für.
Du hast die Erde fest gegründet,
und sie bleibt stehen.
Nach deinen Ordnungen bestehen sie bis heute;
denn es muss dir alles dienen.
Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre,
so wäre ich vergangen in meinem Elend
Dein Wort ist meinem Munde
süßer als Honig.
Dein Wort macht mich klug;
darum hasse ich alle falschen Wege.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht auf meinem Wege.
Erhalte mich nach deinem Wort, dass ich lebe,
und lass mich nicht zuschanden werden
in meiner Hoffnung.
Liebe Schwestern und Brüder,
Gemeinde Jesu Christi,
Jesus ist ein großer Geschichtenerzähler. Wenn er predigt, dann malt er gerne Wort-Bilder. Es sind keine So-ist-es-Sätze, kein Das-musst-du-so-glauben- Aussagen. Jesus lädt ein, sich in die Geschichten hinein zu fühlen und eine eigene Antwort zu finden. Die Geschichten, die er erzählt, sind aus dem Leben gegriffen.
Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges an den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf. Und anderes fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten's. Und anderes fiel auf das gute Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Da Jesus das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! (Lukas 8,4-8)
Auch wer nicht aus dem bäuerlichen Kontext stammt, versteht dieses Gleichnis sofort. Säen und hoffentlich auch ernten gehören zu den Erfahrungen jedes Menschen. So ist das Leben: Du gibst dir Mühe, wirfst deinen Samen aus. Manches geht daneben. Meist sogar eine ganze Menge. Die Gründe sind vielfältig. Aber Erfolg gibt es auch. Wie schön, wenn die Ernte groß ist, wenn das eigene Schaffen Früchte trägt.
Wir sprechen von Lebensleistung und -Bilanz.
Wir blicken auf berufliche Schaffen. Wir schauen auf das Private. Familie, Freunde, Hobby. Wer Kinder hat, der weiß, wieviel hier gesät wird, der weiß von Krisen und Fragezeichen, Ängsten und Befürchtungen, wohin denn das wohl führen wird.
Wir säen, aber wir haben nicht alles in der Hand. Ob die Ernte groß ist, hängt von so vielem ab, auch von meinem Blickwinkel. Vielleicht sind die eigenen Kinder hier ein gutes Beispiel. Was heißt es denn, sie seien „gut geraten“? So pflegte man zumindest früher zu sagen. Die Übernahme des elterlichen Geschäftes, das Treten in die Fußstapfen von Vater oder Mutter ist heute wohl kein Gradmesser mehr. Der Lebensweg meiner Kinder ist oft so ganz anders als meiner. Zum Glück, möchte ich sagen. Ob etwas gelingt, hängt auch vom (offenen) Blickwinkel ab.
Säen und ernten. Das sind nicht nur die großen Überschriften über das ganze Leben. Jeder Tag ist wie ein neuer Auswurf der Saat. Und wenn ich am Abend zurück schaue, dann gibt es auch hier Gelungenes und Samen, die nicht aufgehen und wachsen konnten.
Das Gleichnis vom Sämann wertet nicht. Es stellt fest. So ist das im Leben. Kein Grund zum Selbstmitleid. Aber Grund genug, auch am nächsten Morgen den Tag wieder neu zu beginnen, hinaus zu gehen und zu säen.
Man braucht nicht besonders mathematisch begabt zu sein, um staunend fest zu stellen: der größere Teil bringt eben nicht die erhoffte Ernte. So ist es. Aber es ist nicht alles vergeblich, auch wenn es manchmal so scheint.
Ob der Sämann es nicht besser kann? Dreiviertel geht daneben. Das ist wirklich eine Menge. Aber noch einmal: so ist es. Nicht alles, ja, vieles liegt nicht in meiner Hand. Die erste Aufgabe ist es, den Samen aus der Hand zu geben, los zu lassen. Was wachsen soll, musst du aus der Hand geben. Ein merkwürdiger Gedanke. Ein guter Gedanke, finde ich.
Gott wird wachsen lassen. Wachstum und Gedeihen liegt in des Himmels Hand. So sagt es das Erntedanklied „Wir pflügen und wir streuen“. Ich habe vieles nicht in der Hand, ja, aber das muss ich auch nicht. Ich höre das Gleichnis als Ermutigung zur Gelassenheit. Das Gute wird seinen Weg finden. Auch wenn das Ergebnis manches Mal ganz anders ist, als ich es mir vorgestellt habe. Es wird eine Ernte geben!
Wer Ohren hat zu hören, der höre! So schließt Jesus seine Erzählung ab. Was hören wir? Lädt sie ein zum Blick zurück ohne Zorn? Ich habe Dinge so getan, wie ich dachte, es sei dran. Es gab eine Ernte, ein Zwischenergebnis. Es gabneuen Samen, den ich wieder aus der Hand gab. Wer hätte all das gedacht…
Lädt das Gleichnis ein auf das zu blicken, was war, diesen Blick auszuhalten, ohne Dinge verschweigen oder schön reden zu müssen?
Lädt es auch ein zu einem neuen Blick auf das, was vor mir liegt mit der Gruppe Tocotronic: „Keine Meisterwerke mehr/ Die Zeit ist endlich reif dafür“? Mache deine Arbeit. Lass gern etwas daneben gehen. Die Vögel werden es dir danken.
Nicht nur Lukas, auch die Evangelisten Markus und Matthäus überliefern das Gleichnis vom Säemann. Alle drei legen das Gleichnis aus, deuten durch den Zusammenhang, in den sie es platzieren. Sie verstehen das Bild von Saat und Ernte im Zusammenhang von Gott und Glauben. Und auch hier ist es so: die Ernte ist nicht so, wie es auf den ersten Blick zu wünschen wäre. Nicht jedes Samenkorn geht auf, wächst und bringt reiche Ernte. Der Aufruf zur Gelassenheit gilt auch hier, gilt für Gott selbst. Die Ernte ist durchaus überraschend. Die hundertfältige Frucht, von der das Gleichnis erzählt, ist in meinen Ohren nicht nur eine Zahlenangabe. Es beschreibt die Vielfalt der Ernte. So manches Mal sagen mir Menschen, nein, Kirchgänger sind wir nicht. Gleichzeitig spricht aus ihrem Leben eine tiefe Bindung an Gott. So manche Konfirmandin braucht vielleicht Jahre, um wieder zur Kirche zu kommen. Aber in dem Moment, in dem sie Mutter wird, weiß sie sofort, natürlich wird mein Kind getauft.
Nicht nur Lebenswege, auch Glaubensbiographien sind vielfältig. Gott hört nicht auf zu säen mitten in unsere Welt und unser Leben hinein. Amen
Gebet
Wir schauen so gern auf das, was nicht gelingt. Wir sind mutlos.
Wir meinen genau zu wissen, wie Dinge zu laufen haben.
Schenke uns Gelassenheit.
Gib uns die Weite deiner Liebe.
Hilf uns aufzustehen jeden Tag neu.
Lass uns nicht müde werden.
Wir bitten besonders für die,
deren Ernte unter den Coronamaßnahmen zu ersticken droht.
Für die, die kraftlos werden.
Für die vielen, die in Krankenhäusern und Pflegeheimen am Rande der Erschöpfung sind.
Für alle, deren Leben hart und ohne Nahrung ist.
Vaterunser
Segen
Gott segne dich und behüte dich.
Gott lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.
Amen