St. Marien, 12 Uhr: Ein fester Termin eines jeden Touristen ist die Mittagszeit an der Astronomischen Uhr in der Lübecker Marienkirche. In den vergangenen acht Monaten aber fehlten Glockenspiel und Figurenlauf. Die Astronomische Uhr wurde saniert. Nun ist sie fertig.
St. Marien, 12 Uhr: Ein fester Termin eines jeden Touristen ist die Mittagszeit an der Astronomischen Uhr in der Lübecker Marienkirche. Die Gläubigen der Welt ziehen um 12 Uhr an der Figur von Jesus Christus vorbei, nicht ohne sich vor ihm zu verneigen.
In den vergangenen acht Monaten aber gab es dieses Schauspiel nicht. Die gesamte Astronomische Uhr wurde saniert – zum ersten Mal. Rund 125000 Euro haben die Arbeiten gekostet. Etwa 60000 Euro sind durch Spenden zusammen gekommen.
„Finanziert wurde das Projekt durch zahlreiche Spenden von Lübecker Bürgern, Gästen und Geschäftsleuten. Die Possehlstiftung hat großzügig gefördert, sowie die Gemeinnützige Sparkassenstiftung“, sagt Marienpastor Robert Pfeifer.
Zum ersten Mal überhaupt wurde die Astronomische Uhr nach ihrem Bau wieder in ihre Einzelteile zerlegt. Das Uhrwerk und der Figurenlauf hatten Aussetzer und die gesamte Uhr musste gereinigt werden. Anfang August 2013 wurde die Uhr von vorn und hinten eingerüstet. Eine große Plane mit einem Bild der Uhr versteckte die Baustelle. So konnten die Arbeiter in Ruhe ans Werk gehen und die Touristen hatten wenigstens ein Foto der berühmten Uhr.
Justus Deecke vom gleichnamigen Architekturbüro in der Glockengießerstraße hat die Projektleitung für die Sanierung übernommen. „Es war alles viel komplizierter und aufwändiger als gedacht“, sagt er im Rückblick auf die acht Monate. „Aber es handelt sich bei der Astronomischen Uhr in St. Marien ja auch um ein Unikat. Auf Erfahrungswerte konnte also niemand setzen“.
Mit der Firma Otto Buer Glocken- und Uhrentechnik aus Neustadt kam jede Menge Wissen auf die Baustelle. Jochen Otto senior hat schon viele Uhren von innen gesehen. Aber die Astronomische Uhr von St. Marien ist etwas Einzigartiges. Das Uhrwerk wurde in die Werkstatt gebracht und in alle Einzelteile zerlegt, zum ersten Mal nach ihrer Fertigstellung. Nach der Reinigung wurde das Werk vor Ort wieder zusammengesetzt, neu justiert und getestet. Am Stück ging es von Neustadt wieder zurück nach Lübeck.
In den 1960er Jahren gebaut, ist die Astronomische Uhr von St. Marien eine Nachbildung. Sie ist 12,41 hoch und etwas mehr als vier Meter breit. Allein die Datumsscheibe ist circa 20 Zentimeter stark und wiegt 350 Kilogramm. Die Uhr selbst besteht aus mehreren tausend Einzelteilen. Fertig gestellt wurde die Uhr 1962. Das Original aus dem 16. Jahrhundert wurde beim Bombenangriff auf die Lübecker Innenstadt 1942 komplett zerstört.
Bereits in den ersten Nachkriegsjahren begann der Lübecker Uhrmachermeister Paul Behrens mit der Planung einer neuen Astronomischen Uhr für St. Marien. Eine Zeit, in der viele Lübecker sich täglich neu Gedanken um die nächste Mahlzeit oder das Bett für die Nacht machen mussten. Geld für Schönes und Schmückendes war in Zeiten des Aufbaus nicht übrig. Doch Paul Behrens gelang über viele Jahre das kleine Wunder, Förderer für die neue Astronomische Uhr zu finden. Alte Pläne gab es nicht. Paul Behrens musste auf das vertrauen, was er über viele Jahre von seinem Vater über die alte Astronomische Uhr gelernt hatte. Dieser wartete die Vorgängeruhr, den kleinen Paul von Anfang an mit dabei.
Nun ist die erste Generalüberholung des unvergessenen Uhrmachermeisters vollbracht.
„Wenn um 12 Uhr mittags das Glockenspiel erklingt und der Lauf der Figuren vor dem segnenden Christus sich in Gang setzt, versammeln sich sehr viele Gäste und Besucher vor der Uhr. Dieses Bauwerk ist ein Anziehungspunkt für Touristen und Gäste der Stadt und eine besondere Attraktion St. Mariens und Lübecks“, sagt Pastor Robert Pfeifer.
Die Astronomische Uhr veranschauliche die Bewegungen der Himmelskörper und beeindrucke durch ihre außergewöhnlich komplexe Mechanik. Darüber hinaus rege sie den Betrachter an, über den Lauf seines Lebens und seine Vergänglichkeit nachzudenken.
„Sie ist ein beeindruckendes Zeugnis des Willens zum Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg“, so Pfeifer.