Das Wort zur Woche von Michaela Ehrich, Pastorin in Seedorf-Mustin
Durchatmen im Stau
Kennt ihr das auch? Neulich stand ich im Stau. Nicht ewig, etwa eine Dreiviertelstunde. Ich weiß nicht mehr. Auf jeden Fall ging nichts mehr. Stillstand. Kein Vor und kein Zurück. Mein Auto und ich dazwischen und zwischen den anderen. In der Sonne brutzelnde Autodächer. Eigentlich musste ich weiter. Das Komische war: Nach ein- oder zweimal Durchschnaufen wurde ich auf einmal ruhig. Ich konnte es eben nicht ändern. Es war, wie es war. Ich war, wo ich war. Und da war ich auf einmal raus aus der Verantwortung und dem Vorwärts. Auch mal gut, dachte ich. Wenn mal nichts mehr geht: Anhalten. Da sein, wo du gerade bist und nicht schon woanders. Abgeben.
Kurze Episode im Leben. Ich war ein Gast im Stau mit anderen, die dort auch zu Gast waren. So, wie wir eben Gäste sind, Gäste auf Zeit. Gäste auf der Erde, die nicht alles und jedes im Griff haben. Nicht den Stau. Und auch nicht die Lebensbewegung. Ein Segen, denke ich, gerade in unserer Leistungsgesellschaft. Manchmal denke ich, es wäre gut, wenn wir öfter mal im Stau steckten. Wir rasen zu sehr durchs Leben. Und Gott ist doch da und atmet durch, wo wir feststecken.