Propstei Lübeck Das Wort zur Woche: Und siehe, wir leben


Das Wort zur Woche diesmal von Anja Möller, Pastorin in St. Lorenz Travemünde

Und siehe, wir leben

Sag mir, wo die Gräber sind, Blumen blüh'n im Sommerwind, wann wird man je versteh'n? - so heißt es in dem Lied, das Marlene Dietrich so eindrücklich gesungen hat. Wir hatten gedacht, dass wir es verstanden haben. Dass Krieg und Gewalt als politische Mittel im 21. Jahrhundert überwunden sind. Nie wieder: zerstörte Städte, zerfetze Körper, vermisste Menschen, gestrandete Kinder. 80 Jahre ist es am 8. Mai her, dass der Frieden begann. Zu Ende war der Krieg erst viel später, als die Letzten aus der Gefangenschaft heimkehrten, als wir die Städte neu aufbauten und verstanden, dass der 8. Mai auch ein Tag der Befreiung für unser Land war. 

Doch nun zieht die Angst vor einem Krieg wieder in unsere nächtlichen Träume. Wird es einen Verteidigungsfall für die Nato geben? Doch wieder Krieg? Der Sommer 1939 wurde von meinen Großeltern als besonders schön und unbeschwert beschrieben - Blumen blüh´n im Sommerwind. Wachsam beobachte ich die Nachrichten. Will mich nicht täuschen lassen, will verstehen und halte die Sorge doch nicht dauerhaft durch. Ein trotziges Pauluswort hilft mir, nicht in Angst zu erstarren: In Nöten und Ängsten… und siehe, wir leben. (2. Kor 6)