Das Wort zur Woche von Pastorin Nicola Nehmzow, Kirchengemeinde St. Aegidien Lübeck
Durcheinander
Ich bin durcheinander! Ruft eine Frau in der hintersten Reihe. Die Gottesdienstbesuchenden fühlen sich gestört. Und da ruft sie gleich noch einmal: Ich bin durcheinander!
Auch ich bin irritiert – und denke gleichzeitig: Sie spricht aus, was ich fühle. Was für eine Gleichzeitigkeit: Vorfreude auf dieses liebgewordene Fest alle Jahre wieder – auch mit erwachsenen und fast erwachsenen Kindern, mit einem Enkel, der in diesem Jahr das erste Mal bewusst dabei sein wird, mit Gewusel der Vorbereitung, mit Erschöpfung, die nicht nur an der zusätzlichen Arbeit liegt, mit Sorge und Ohnmacht ob der politischen und gesellschaftlichen Lage; mit Sehnsucht nach einem Leben, das etwas mit Gerechtigkeit zu tun hat; mit Hoffnung, dass mein Glaube nicht ins Leere läuft; im Warten darauf, dass Gott kommt und etwas wirklich Neues schafft.
Was für ein Durcheinander dieses Leben. Da sitzen diese rund 40 Menschen im Gottesdienst des Pflegeheims, manche haben schon mehr als 100mal Weihnachten gefeiert. Und sie warten geduldig und ungeduldig, manche geborgen und andere einsam. Sie lauschen einer Botschaft, die sagt: Heute. Heute lichtet sich das Durcheinander und ein Morgen beginnt. Denn Gott ist schon auf dem Weg; ja, Gott steht vor der Tür und wartet auf Einlass.