Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg „Die Kirche wird sich verändern“

Der Fachkräftemangel erreicht nun auch die Evangelische Kirche. Es gehen in den nächsten Jahren mehr Pastoren in den Ruhestand als junge Menschen ihr Theologiestudium abschließen. Auch die Gemeinden im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg müssen sich umstellen. Denn: Am 1. Januar 2020 tritt das „Personalplanungsförderungsgesetz“ (PPFG) in der Nordkirche in Kraft. Für die 57 Gemeinden zwischen Ostsee und Elbe bedeutet das: Freiwerdende Pastorenstellen können bis auf Weiteres nicht zur Wiederbesetzung ausgeschrieben werden.

Ein Drittel weniger Pastoren in zehn Jahren

Geschätzt wird, dass die Zahl der Pastorinnen und Pastoren in den nächsten zehn Jahren etwa um ein Drittel sinken wird. „Derzeit rechnen wir in unserem Kirchenkreis 100 Vollzeit-Pfarrstellen für 57 Gemeinden und unsere Dienste & Werke. 2030 werden es voraussichtlich nur noch 63 sein“, sagen Pröpstin Frauke Eiben und Pröpstin Petra Kallies. Das neue PPFG wird zukünftig die Verteilung der Pastoren in der Nordkirche für alle 13 Kirchenkreise regeln. Jeder Kirchenkreis wird als eine Personalplanungseinheit behandelt. „Unser Kirchenkreis ist derzeit auskömmlich ausgestattet“, so Kallies und Eiben.

Pröpstinnen: Wir bereiten uns für die Änderungen gut vor.

Das bedeutet: Ab dem 1. Januar 2020 gilt ein Einstellungsstopp für Geistliche im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Welchen Bereich es trifft, will die Kirchenleitung aber nicht dem Zufall überlassen. „Wir sind mit allen Gemeinden im Gespräch und bereiten uns für die Änderungen gut vor“, so Kallies und Eiben. „Wir verstehen uns als Solidargemeinschaft und werden die Aufgaben gerecht aufteilen.“

Entwicklung eines Modells der Zusammenarbeit

Eine Arbeitsgruppe habe bereits ein Modell der Zusammenarbeit entwickelt, das allen Gemeinden vorliegt und dort weiter bearbeitet wird. Die Idee sei, dass zukünftig mehrere benachbarte Gemeinden verbindlich kooperieren und pfarramtliche Aufgaben gemeinsam geschultert werden. „Es macht Sinn, dass dann nicht mehr jede/r alles macht, sondern mehrere Pastor/innen ein gemeindeübergreifendes Pfarr-Team bilden“, so die Pröpstinnen.

Ehrgeiziger Zeitplan erfordert zügige Verabredungen vor Ort

Die Zahl der Regionen und die Verabredungen für die Zusammenarbeit werden derzeit vor Ort geprüft. Der Zeitplan ist ehrgeizig: Ab September sollen die Pläne in der Synode beraten werden. „Wir hoffen, dass wir uns zügig auf verlässliche Verabredungen einigen, damit vor Ort wieder Planungssicherheit herrscht“, sagen sie. „Es kommen bewegte Zeiten auf uns Christinnen und Christen zu.“

Menschen sind weiter auf der Suche nach Antworten

Denn die Pröpstinnen sind sich sicher: Die Sinnangebote der Kirchen werden auch weiterhin gebraucht. Welche Verantwortung tragen wir als Menschen für die Schöpfung? Wo bleibt meine Persönlichkeit im digitalen Wandel? Was ist inmitten der Globalisierung meine kulturelle Identität? „Viele Menschen suchen derzeit Antworten auf große Fragen“, haben Petra Kallies und Frauke Eiben, Pröpstinnen im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, beobachtet, „auch in unseren Kirchengemeinden“. Allerdings tun sie das in Deutschland immer seltener als bekennendes Kirchenmitglied. „Vor 10 Jahren hatte unser Kirchenkreis noch etwa 200.000 Mitglieder“, sagen sie. „Jetzt sind es knapp 160.000.“ Die beiden sind realistisch: Die Zahl der Mitglieder wird weiter absinken, und damit werden auch Einnahmen der Kirchen weiter zurückgehen.

Der christliche Glaube bietet wertvolle Orientierung

„Natürlich bedauern wir, dass es uns nicht gelingt, mehr Menschen an ihre Kirche zu binden und von der positiven Kraft des Glaubens zu überzeugen.“ Die beiden sind sich sicher: „Gerade bei den vielen Herausforderungen, die in der Zukunft auf unsere Gesellschaft zukommen, bietet der christliche Glaube eine wertvolle Orientierung. In Gottesdiensten und Seelsorge, in Lebensbegleitung von der Taufe bis zum Ende des Lebens bleiben wir an der Seite der Menschen. In unseren Gemeinden und diakonischen Einrichtungen bieten wir Gemeinschaft und Unterstützung. Wir bleiben Volkskirche, offen für Menschen, die Segen suchen und bereit sind, für ein gutes Gemeinwesen einzutreten.“

Pröpstinnen werben für mutige Veränderung

Wie wird es nun weitergehen? Der Glaube hat schon so manchen Berg versetzt. Die Pröpstinnen werben dafür, „mit Mut und mit pfingstlichem Rückenwind“ an diese Aufgaben zu gehen: „Nicht jedes Gebäude kann erhalten werden, und manches Angebot werden wir zukünftig nicht mehr an jedem Ort anbieten können.“ Die Kirche wird sich verändern. „Aber mit Gottvertrauen werden wir Wege entdecken, wie die Kirche auch zukünftig von Gottes Liebe weitererzählt: in Wort und Tat.“

Zum Hintergrund:
Es hat sich herumgesprochen: Die Zeiten für die christlichen Kirchen werden schwieriger. Die Zahl der Mitglieder geht zurück. In den jüngeren Generationen ist der Anteil der Kirchenmitglieder geringer als bei den Älteren. Mittelfristig ist mit einem Rückgang der Finanzmittel zu rechnen. Die Ausgaben allerdings besonders für Personal und Bau - steigen. Als wäre das nicht schon schwierig genug, wird nun auch noch der theologische Nachwuchs knapp. Ab Januar 2020 wird er so begehrt sein, dass er den Kirchenkreisen dann von der Nordkirche zugeteilt wird.

Christen sind aber auch Profi-Optimisten, die gelernt haben, mit Widrigkeiten kreativ umzugehen. Wie in ganz Deutschland beschäftigen sich auch die Kirchengemeinden zwischen Travemünde und Lauenburg/Elbe schon seit längerem mit dem Strukturwandel. Die Synode des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg verabschiedete im Dezember 2017 ein Gebäudekonzept mit dem Ziel, bis 2020 Konzepte für eine verbindliche regionale Zusammenarbeit zu entwickeln und daraus resultierend die Zahl der Gebäude abzuleiten. Unter dem Motto „Siehe, ich mache alles neu“ hatten sich Anfang Februar Vertreter/innen aller 57 Kirchengemeinden des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg zu einem Zukunftskongress in der Lübecker Musik- und Kongresshalle (MuK) getroffen und Ideen für die Zukunft ausgetauscht.