In diesem Jahr jährt sich der Freitod von Hugo Distler zum 70. Mal. Im Gedenken daran wurden der Distler-Saal und die Hausorgel Distlers restauriert, eine Gedenkwoche vom 28. Oktober bis 1. November erinnerte an den großen Kirchenmusiker.
In diesem Jahr jährt sich der Freitod von Hugo Distler zum 70. Mal. Im Gedenken daran wurden der Distler-Saal und die Hausorgel Distlers restauriert, eine Gedenkwoche vom 28. Oktober bis 1. November erinnerte an den großen Kirchenmusiker. Neben Dietrich Buxtehude ist Hugo Distler (1908-1942) der international bekannteste Komponist Lübecks. Distler war zudem einer der wichtigsten Vertreter für die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung der 30er Jahre. 1931 trat er die Stelle des St. Jakobi-Organisten an. Distler komponierte hier seine Orgelwerke und einen Großteil seiner bekannten Vokalmusik. 1937 verließ er Lübeck in Richtung Stuttgart und lehrte dort an der Hochschule für Musik. Um weiter Orgel spielen zu können, ließ Distler sich eine Hausorgel von der Göttinger Orgelbaufirma Ott bauen. Und diese Orgel ging auf Wanderschaft: Distler ging von Stuttgart mit nach Berlin, um als Professor zu unterrichten und nahm seine Orgel mit. Am 1. November 1942 wählte er den Freitod. Distler stand dem NS-Regime von Beginn an sehr kritisch gegenüber und konnte seine Wehrmachts-Einberufung fünf Mal abwenden. Der sechste Gestellungsbefehl erreichte ihn am 14. Oktober 1942 – am 1. November begleitete Distler musikalisch einen Gottesdienst im Berliner Dom und nahm sich anschließend in seiner Dienstwohnung das Leben.
Nach seinem Freitod wurde Distlers Hausorgel nach Linz ausgelagert. Distlers Witwe kümmerte sich nach dem Krieg um das gute Stück und nahm es mit ins bayrische Marquardstein. Von hier aus fand es seinen Weg in die Musikhochschule Detmold und anschließend in eine katholische Kirche nach Hildesheim. 1957 kaufte der Kirchenkreis Lübeck die Orgel und stellte sie in der St. Jürgen-Kapelle auf, bis sie einen „Ruheplatz“ in St. Jakobi von 1976 bis 1992 erhielt und zum 50-jährigen Todestag von Distler eine erste Renovierung erfuhr.
Jetzt, 70 Jahre nach Distlers Freitod, musste Restauratorin Stephanie Schipper noch einmal eine Menge Arbeit in die Restauration der Hausorgel – eine der ersten Hausorgeln überhaupt in Deutschland – stecken. „Meine Aufgabe bestand darin, soviel wie möglich von der Originalsubstanz zu erhalten“, erläutert Schipper. Doch der Lack war bereits „krepiert“, wie es im Fachjargon heißt. „Durch stetige Klimaveränderungen – warm, kalt, feucht – war der senfgelbe Lack so schadhaft, dass er nur noch lose auf der Oberfläche lag und bei der kleinsten Berührung abblätterte“, ergänzt die Restauratorin. Die Lösung: In akribischer Feinarbeit den neuen Naturharz-Lack mit der Handballen-Technik auftragen. Orgelbauer Reinalt Klein kümmerte sich derweil um das „Innenleben“ der Orgel, damit sie wieder erklingen kann. Gleichzeitig wurde der Distler-Saal erneuert – er erhielt neue Lampen, eine neue Decke und Paneelen. „Die Winterfenster müssen noch eingebaut werden, durch die einfache Bleiverglasung wird es zu kalt im Winter“, erklärt Pastor Lutz Jedeck. Besonders für die Orgel sei ein konstantes Klima überaus wichtig.
Die Distler-Orgel ist mit zwei Manualen, dem Pedal und 16 Registern ausgestattet. „Klangmäßig geht sie in Richtung Renaissance“, sagt Reinalt Klein. Arvid Gast, Professor an der Musikhochschule Lübeck und Titularorganist an St. Jakobi, freut sich bereits auf die Inbetriebnahme der Orgel: „In dem Konzert am Todestag des Musikers werden Studierende 30 Spielstücke Distlers aufführen, die er extra für diese Orgel geschrieben hat. Ich selbst spiele die Orgelsonate“. Weitere Konzerte im Distler-Saal sollen folgen und auch in das St. Jakobi-Gemeindeleben soll die Orgel integriert werden. Finanziert wurde die Restauration der Distler-Orgel und des Saales von der Sparkassenstiftung und dem Bauförderverein St. Jakobi.
Foto (v. li.): Orgelbauer Reinalt Klein, Prof. Arvid Gast, Pastor Lutz Jedeck und Restauratorin Stephanie Schipper an Distlers Hausorgel.