Propstei Lübeck "Ein Licht geht um die Welt": Gottesdienst für verstorbene Kinder

Daniela Wulff, Antje Depping, Wiebke Müller und Sonja Neff haben den Lichterwellen-Gottesdienst mit vorbereitet. Sie alle trauern um ihre verstorbenen Kinder. Die bunten Kerzen haben Eltern aus den Trauergruppen für die Gedenkfeier gestaltet. Copyright: Annkathrin Bornholdt

Lübeck. Jedes Jahr werden am zweiten Sonntag im Dezember weltweit Kerzen für verstorbene Kinder angezündet. Auch in Lübeck haben verwaiste Eltern aus den Trauergruppen des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg wieder eine Lichterwellen-Gedenkfeier vorbereitet: am 10. Dezember 2023 ab 19 Uhr in der Kirche St. Lorenz der Laurentiusgemeinde am Steinrader Weg.

Lichterwellen-Gottesdienst spendet Trost in der Gemeinschaft

"Ich hatte das Glück, meinen Sohn 33 Jahre zu begleiten." Wenn sie diesen Satz sagt, bleibt Sonja Neff die Stimme weg. Ihr Sohn Alexander starb im Mai 2023 sehr plötzlich und ohne vorherige Anzeichen an einem epileptischen Anfall. Schon seit einer Weile besucht sie eine der Trauergruppen von Pastorin Mareike Hansen. "Ich komme nicht zur Ruhe, trauern kann ich bisher auch nicht. Eigentlich habe ich es noch gar nicht begriffen. Es beruhigt mich, dass ich hier Menschen treffe, denen es auch so geht", sagt Neff. Eigentlich habe sie sich mit dem Tod ihres Sohnes geschworen, keine Kirche mehr zu betreten: "Ich habe meinen Glauben verloren. Aber mein Mann hat gesagt, dass wir das zu zweit machen. Und so sehe ich die Feier jetzt als Raum für mein Gedenken."

Ein Gedenken, ein Innehalten, eine Andacht, die unfassbar traurig, aber zugleich auch tröstlich sei, so empfinden viele verwaiste Eltern, Großeltern und Geschwister den sogenannten Lichterwellen-Gottesdienst. Es sei dort eine große Verbundenheit zu spüren, so Trauerseelsorgerin Mareike Hansen: "Es geht darum, dass wir fest daran glauben, dass die Kinder gut aufgehoben sind. Und auch in der Feier selbst ist diese andere Wirklichkeit deutlich zu spüren."

Kerzenlicht geht als "Lichterwelle" um die Welt

Wie jedes Jahr wird die St.-Lorenz-Kirche am Steinrader Weg von Kerzenlicht erleuchtet sein. Und so wird es beim "Worldwide Candle Lighting" um 19 Uhr an vielen Orten auf der Welt sein, wo Familien an diesem Tag ihrer verstorbenen Kinder gedenken. Mit der Zeitverschiebung geht so eine Lichterwelle um die Welt, die dem Gottesdienst auch seinen Namen gegeben hat. Die Idee dazu entstand 1996 in den USA. Alle Eltern sind eingeladen ein Foto ihres Kindes und auch eine selbstgestaltete Kerze mitzubringen. Im Gottesdienst werden die Namen aller Kinder einzeln vorgetragen und auf kleine Herzen geschrieben. Diese werden anschließend auf einen großen Sternenhimmel aus Stoff geheftet. Gerahmt wird die Feier mit Musik und Beiträgen einzelner Eltern.

Daniela Wulff, die ihren kleinen Sohn Niklas 2021 bei einem Unfall verlor, ist das dritte Mal dabei. Auch ihr war es von Anfang wichtig, Kontakt mit anderen trauernden Eltern zu haben. "Ich habe mittlerweile gemerkt, dass ich eine Berufung darin gefunden habe, anderen Menschen beim Trauern zu helfen." Gerade lässt sie sich selbst im Bereich der Trauerbegleitung weiterbilden.

Trauergruppen für trauerende Eltern in Lübeck

Wiebke Müller ist Mutter eines Sternenkindes und nimmt das erste Mal an der Gedenkfeier teil. 2019 verlor sie ihr Kind in der Frühschwangerschaft. "Ich bin anfangs mit meiner Trauer so gar nicht umgegangen. Grade vor der 12. Woche wird darüber kaum geredet und es heißt immer: so etwas passiert häufig". Sie habe lange versucht, alles mit sich selbst auszumachen, sei aber ein Jahr später noch einmal heftig mit ihrem Verlust konfrontiert worden, als sie ihre beste Freundin beim Abschied ihres Babys begleiten musste, das in der 33. Schwangerschaftswoche verstarb: "Da habe ich das erste Mal so richtig realisiert, was mir passiert ist."

Erst ein weiteres Jahr später, als auch noch ihre Mutter plötzlich starb, suchte Wiebke Müller aktiv im Internet nach einer Trauergruppe, um ihrem Schmerz Raum geben zu können. "Ich habe es hier als sehr warm und herzlich erlebt, wie ein Ankommen, ein Aufatmen", schildert sie ihren ersten Besuch in der Trauergruppe für Sternenkinder-Eltern, die ebenfalls von Trauerseelsorgerin Mareike Hansen geleitet wird. Was ihr bis heute fehlt, sei ein richtiges Abschiedsritual für ihr Kind gewesen, so Müller. Sie wird im Gottesdienst einen Text vortragen, in dem sie ihren Trauerweg beschreibt: "Dieser Text ist mir eines Tages aus dem Kopf, durchs Herz in die Hand geflossen."

„Man muss sich nicht für seine Trauer rechtfertigen“

Antje Depping verlor ihren Sohn Patrick im Jahr 2019 - da war er 29 Jahre alt. "Er war schwerst mehrfachbehindert, aber er ist für mich sehr überraschend innerhalb einer Woche gestorben - an den Folgen eines epileptischen Anfalls." Ihr sei schnell klar gewesen, dass sie sich mit anderen Eltern treffen möchte, so Depping. Sie kam so in die Trauergruppe von Mareike Hansen, wo sie sich gut aufgehoben fühlt: "Weil alle wissen, wovon ich spreche und es nicht als zu viel empfinden, sondern das mit mir teilen. Es ist ein sicherer Raum." Für sie sei die Lichterwellen-Feier sehr wichtig, sagt sie: "Es ist ein feierlicher, angemessener Rahmen, wo Patrick da sein darf. Dort wird sein Name genannt, es kann über ihn gesprochen werden."

Informationen zur Trauerbegleitung und zu den Trauergruppen für verwaiste Eltern und Sternenkinder-Eltern gibt es bei Pastorin Mareike Hansen unter der Telefonnummer 0176/19 79 02 98 und unter mhansen@kirche-ll.de.

Infos:

"Ein Licht geht um die Welt" - Gedenkfeier für verstorbene Kinder am 10. Dezember 2023, 19 Uhr, Kirche St. Lorenz, Steinrader Weg 10, 23558 Lübeck

Pastorin Mareike Hansen gestaltet als Trauerseelsorgerin gemeinsam mit den Eltern das Gedenken für die verstorbenen Kinder.

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