Der Leiter der „Beratungsstelle für Ehe- und Lebensfragen", Pastor Rainer Frank, wurde am 26. April in den Ruhestand verabschiedet. In St. Aegidien beginnt er nun ehrenamtlich als Leiter der „Beratungsstelle für Partnerschafts- und Lebensfragen."
Vom Ruhestand direkt ins Ehrenamt: Nach über 25jähriger Tätigkeit wurde der Leiter der „Beratungsstelle für Ehe- und Lebensfragen der Gemeindediakonie Lübeck“, Pastor Rainer Frank, von Pröpstin Petra Kallies in den Ruhestand verabschiedet. Zehn Tage später begann er dann unter einem neuen Dach mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit: Als Leiter der „Beratungsstelle für Partnerschafts- und Lebensfragen an St. Aegidien.“ Die Verabschiedung und Begrüßung fand am Freitag, den 26. April 2013, um 10.00 Uhr mit einem Gottesdienst in der St.-Aegidien-Kirche statt, anschließend gab es einen Empfang in der Kirche. „Ich habe nie ernsthaft erwogen, mit dem Ruhestand diese Arbeit einfach zu beenden“, so Frank. „Menschen sind einfach so interessant.“
Zusammen mit Pastor Frank werden zehn ehrenamtliche Mitarbeiterinnen in Zukunft in der Aegidienstraße 77 Beratung und Hilfe in Lebenskrisen und bei Paarkonflikten anbieten. „Wir freuen uns, mit diesem hochqualifizierten Team in Zukunft ein uns sehr attraktives Gemeindeangebot anbieten zu können“, so Kerstin Weber-Spethmann, Vorsitzende des Kirchengemeindeverbandes St. Aegidien. Die Beraterinnen haben am "Berliner evangelischen Zentralinstitut für Familienberatung" eine dreijährige Ausbildung zur diplomierten Ehe- und Lebensberaterin gemacht. Darüber hinaus gibt es auch Familientherapeutinnen und einen Gruppenanalytiker, der eine fortlaufende psychoanalytische Selbsterfahrungsgruppe leitet. Die Possehl-Stiftung unterstützt das Projekt mit einem Zuschuss.
Neben einer guten Ausbildung ist das größte Kapital der Beraterinnen ihre jahrelange, teilweise jahrzehntelange Erfahrung. „Wir haben an unserem alten Standort etwa 400 Personen pro Jahr nach der Methode der tiefenpsychologisch orientierten Konfliktberatung unterstützt“, so Pastor Frank. Das zusätzliche Angebot an St. Aegidien ist dringend nötig, denn es gibt eine lange Warteliste. Durchschnittlich kommen die Paare etwa zehn Stunden lang zum Gespräch, dann wäre klar, ob es zusammen oder getrennt weiter geht. „Wir haben aber auch Menschen, die seit vielen Jahren immer mal wieder kommen.“ Und sein Rezept für eine gute Ehe? „Paare sollten einen Bestand an Gemeinsamkeiten haben und die Fähigkeit trainieren, mit den Unterschieden umzugehen.“ Wer bei diesem Training Hilfe braucht, kann im Gemeindebüro von St. Aegidien von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 8.00 bis 12.00 Uhr unter der Nummer 70 56 22 einen Termin vereinbaren. Beratungen finden auch außerhalb dieser Zeiten statt.
Die Gemeindediakonie als ehemaliger Träger der Eheberatung setzt die frühere Eheberatung als Beratung für Paar- und Lebensfragen innerhalb eines landesweiten integrierten Beratungskonzepts fort. Im Sinne einer höheren Professionalisierung wird aus der ehemaligen Beratungsstelle für Familien- und Erziehungsfragen ab Mai das „Beratungszentrum am Hüxterdamm“. Spezialisierte Fachkräfte begleiten die Ratsuchenden bei Familien-, Erziehungs-, Paar- und Lebensfragen. Außerdem ist nach wie vor die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung zu finden. Sowohl bei der neuen „Beratungsstelle für Partnerschafts- und Lebensfragen an St. Aegidien“ also auch beim „Beratungszentrum am Hüxterdamm“ wird ein Kostenbeitrag nach den persönlichen Möglichkeiten erwartet.
Hintergrund:
Die Beratungsstelle wurde 1949 von Ärztinnen und Juristen gegründet, sie ist eine der ältesten Beratungsstellen in Deutschland. „Die meisten Beratungen bezogen sich damals auf die Probleme in den Familien der aus dem Krieg heimkehrenden Soldaten“, hat Pastor Frank in alten Unterlagen recherchiert. Er selbst ist seit 1988 dabei. „In den ersten 20 Jahren kamen fast nur Frauen zur Beratung“, erinnert er sich. „Das Beziehungsthema wurde von der Gesellschaft noch weitestgehend allein ihnen zugeschrieben.“ Beim Aufräumen fiel ihm ein Schreiben von 1966 in die Hände; bei Beratungsanlass steht dort: „Berufstätigkeit und schlechte Haushaltsführung der Frau“.
Seit den 70ger Jahren meldeten sich auch Paare an, Ende der 80ger Jahre zeigte die Anmeldeliste: 50 Prozent Anmeldungen von Paaren und 50 Prozent Annmeldungen zur Einzelberatung. „Heute liegt die Nachfrage nach Paarberatung bei gut 80 Prozent“, so Frank. Außerdem sei es heute selbstverständlich, dass auch Männer für sich allein Beratung wünschen. „Insgesamt kann man sagen, dass die Akzeptanz, sich beraten zu lassen, stark gestiegen ist“, resümiert er. „Seit man auch im Fernsehen Beratungen quasi live anschauen kann, können sich die Menschen eher etwas darunter vorstellen.“
Auch das Team der ehrenamtlichen Beraterinnen und Berater wurde im Laufe der Jahre immer größer: Heute arbeiten neben dem Leiter zehn ehrenamtliche Beraterinnen und Berater, alle gut ausgebildet und teilweise spezialisiert. „Wir drängen den Menschen keine fertigen Lösungen und Ratschläge auf“, so der Pastor. „Vielmehr wird versucht, Hilfestellung zum Finden des eigenen Weges zu geben.“
Foto:
Pastor Rainer Frank wird Team von ehrenamtlichen Beraterinnen in Zukunft in der Kirchengemeinde St. Aegidien Beratung für Partnerschafts- und Lebensfragen anbieten. Karina Fox, Ursula Bockholdt, Regina Giese und Brigitte Miehe (von links) sind Mitglieder aus dem Beraterteam.