Der isländische Ökothriller „Gegen den Strom“ („Kona fer í stríd“) räumte bei den 60. Nordischen Filmtagen Lübeck gleich vier Preise ab: den Kirchlichen Filmpreis Interfilm, den Baltischen Filmpreis, den NDR-FilmPreis und den Publikumspreis der Lübecker Nachrichten. Am 13. Dezember 2018 kommt der Streifen in die deutschen Kinos.
Die diesjährige Jury des Kirchlichen Filmpreises Interfilm bei den 60. Nordischen Filmtagen in Lübeck war wieder international besetzt: Dr. Anita Uzulniece aus Lettland, Mikael Ringlander aus Schweden, und aus Deutschland Antje Peters-Hirt (Lübeck) und Tom Damm (Schwerte). Innerhalb von gut vier Tagen waren 17 Spielfilme zu sichten, zu besprechen und zu bewerten. Von Anfang an fiel die Jury die hohe Qualität der Filme in inhaltlicher, aber auch in filmtheoretischer Hinsicht auf. Schließlich entschloss sie sich, den isländischen Ökothriller „Gegen den Strom“ von Benedikt Erlingsson mit dem Preis für den besten Film zu küren.
Der Titel des Film ist tatsächlich in seiner Doppeldeutigkeit zu verstehen. Denn in dieser von Anfang an fesselnden Geschichte sabotiert eine Einzelkämpferin ein Elektrizitätswerk, um die Übernahme ausländischer Investoren zu verhindern und damit dem Ausverkauf ihres Landes und der Zerstörung von Natur und Umwelt entgegen zu wirken.
Humorvoll gebrochen wir das krimiartig aufgezogene Drama durch musikalische Elemente. Ein in grüner Idylle, auf Hochhausdächern und anderswo auftauchendes Instrumentaltrio unterstreicht dabei das ökopolitische Engagement der Hauptfigur, ein ukrainisches traditionelles Vokaltrio betont ihren Kinderwunsch, der durch eine Adoptions-Zusage neu erwacht und ihre gefährlichen Sabotage-Aktionen kontrastiert. So stellt das Leben sie schließlich vor die Entscheidung, sich noch einmal von Grund zu verändern bzw. weiter zu entwickeln.
Auch in formaler Hinsicht überzeugt der Film. Der Kamera gelingt es, ein Island zu zeigen, von dem auch das Publikum möchte, dass es in seiner Schönheit und Unberührtheit erhalten bleibt.
Inhaltlich greift „Gegen den Strom“ auf Menschheitsfragen zurück: So wird der biblische Schöpfungsauftrag auf beeindruckende Weise aktualisiert und um die politische Frage bereichert, was noch getan werden kann, wenn die Möglichkeiten demokratischen Handelns ausgeschöpft sind, weil sich „global players“ der Reglementierung durch Nationalstaaten immer wieder entziehen. Gibt es einen Raum legitimen Handelns jenseits der Legalität? Gibt es ein „höheres Gesetz“, fragt die Protagonistin in einem selbst verfassten Flugblatt, das die staatlichen Gesetze in die Grenzen weist? Mit diesen und weiteren Anregungen inspiriert der Film sein Publikum, das eigene politische Bewusstsein zu schärfen und selbst für den Erhalt des Planeten aktiv(er) zu werden.
Kirchlicher Filmpreis Interfilm
Der Kirchliche Filmpreis Interfilm wird seit 1996 an einen Spielfilm vergeben, „der sich durch künstlerische Qualität auszeichnet und ein menschliches Verhalten oder Zeugnis zum Ausdruck bringt, das mit dem Evangelium in Einklang steht, oder die Zuschauer für spirituelle, menschliche oder soziale Fragen und Werte sensibilisiert“. Der Preis ist seit 2017 mit 5.000 Euro dotiert, gestiftet vom Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg.
Über die Nordischen Filmtage Lübeck
Das Festival, eines der wichtigsten Kulturereignisse der Hansestadt Lübeck, fand in diesem Jahr um einen Tag erweitert an sechs Tagen statt und zeigte seine Filme in vier Festivalkinos und weiteren Sonderspielstätten. Insgesamt wurden 2018 neun Preise im Wert von 50.000 Euro in Lübeck vergeben. Zum ersten Mal ausgelobt wird ein Preis für das Beste Spielfilmdebüt. Zum 100. Jubiläum der Unabhängigkeit standen die Baltischen Staaten sowie Island im Fokus des Festivals und waren mit besonderen Filmen in allen Sektionen vertreten, und zum 100. Geburtstag ist Ingmar Bergmans eine kleine Hommage in den „Specials“ gewidmet. Daneben gab es weitere Event-Highlights, unter anderem eine Weltpremiere bei den 360° Filmen im Fulldome Kino auf dem Klingenberg. Des Weiteren konnten zahlreiche Sonderveranstaltungen wie Stummfilmkonzerte, Ausstellungen, Installationen, Industry Meetings, eine Master Class oder ein Colloquium besucht werden.
Quelle: Tom Damm