Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg "I've got no roots" - Der Zukunftstag als Slam Recording

HannaH Rau aus Lübeck ist Autorin, Musikerin und Wortwerkerin. Copyright: Oliver Beck

Lübeck. HannaH Rau hat die Zukunftskonferenz des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg als "stille Beobachterin" begleitet. Die Lübecker Wortwerkerin hat den Tag aus ihrer Sicht zusammengefasst - in einem "Slam Recording". Hier gibt es den kompletten Vortragstext zum Nachlesen. 

Veränderung tun

I like digging holes and hiding things inside them
When I grow old, I hope I won't forget to find them
I've got no roots, but my home was never on the ground
I've got no roots, but my home was never on the ground
I've got no roo-oo-oo-oo-oo-oots (No roots, Alice Merton)

No Roots! Spielte die Projektband „Zukunftsmusik“ (geiler Name übrigens) heute Morgen als erstes – könnt Ihr Euch erinnern?
No Roots! aber weg mit den Anglizismen und einfach mal die erste Strophe übersetzen:

„Ich mag es einfach, Löcher zu buddeln und darin Dinge zu verstecken.
Wenn ich mal alt bin, finde ich sie hoffentlich alle wieder.“

Ja, die versteckten Dinge… und dann das Alter. Wie alt bist du denn, Kirche?
Und ob wir all die versteckten Dinge … wiederfinden? Apropos: Wo ist eigentlich eure Tupperdose? Na, wer hat eine mit? Stand doch in der Einladung, ihr sollt ein Gefäß mitbringen….

Das war die seltsamste Vorstellung für mich, da sitzen 200 Leute und sie haben alle eine Tupperdose dabei („Hast du eigentlich noch meine Tupperdose? Wann kriege ich die wieder?“, höre ich Muddi fragen?). 200 Leute und 200 Tupperdosen.
Das ist ganz schön voll jetzt das Gefäß, oder?
Also ich meine das da oben, zwischen den Schultern…

Ein Geschenk, dieser Tag, und wie viel da so reinpasst! Was für ein Gefäß man dafür braucht! Katrin Thomas hat euch begrüßt und von diesem Geschenk gesprochen und dass man ja heute echt nichts Besseres vorhaben kann.
Und so ist tatsächlich auch ein Geburtstagkind hergekommen und wir haben gesungen - einen halben Kanon von viel Glück und viel Segen und

ich hab mich gefragt, wünschen wir dann „Gesundheit und Frohsinn“ oder „Gesundheit und Wohlstand“, weil wir bei uns im Freundeskreis das so machen, also Frohsinn oder Wohlstand? Und ich glaube, das waren auch schon zwei Leitfragen für den Tag.
Und Propst Graffam fügte hinzu, dass wir heute nicht die ganze Zukunft besprechen wollen. Da war ich froh, denn morgen, den Sonntag, wollte ich mir offen lassen und eigene Impulse setzen.

Das konntet ihr heute auch, Pröpstin Kallies kündigte es an, und das packten wir alles rein in unsere geistige Tupperdose, schnick schnack, „Die Sonne geht auf, die Sonne geht unter“ und dann hab ich mich gefragt, ob ich während der Andacht von Frau Wilhelmsen eigentlich tippen darf.

Andächtig getippt und frisch vernetzt ans Werk! Köder und gute Netze sind gefragt, sagte Petra Wilhelmsen und Carsten Mielke, der Moderator, hatte schon von Anfang an eins umhängen, ein hoffnungsfrohes, grünes Netz. Das hat er die ganze Zeit nicht abgenommen  - und wenn da später 200 Tupperdosen drin sind, dann ist auch das Meer ein Stück sauberer.

So, wie die virtuelle Pinnwand noch leer war am Anfang, nur die Themen zeigte, aber bis jetzt erstaunlich wuchs, weil Katharina Micheel allen zeigte, wie man diese Pinnwand füllt.

Und dann ging es los mit vielen Impulsen. Zuerst Klaudia Thals Vortrag: „Den Wandel gestalten – wie Veränderung durch Kommunikation und Partizipation gelingt“

Lets go! Schnellzusammenfassung von über 60 Folien, yeah! Mit eigenen Anmerkungen, uff:

Veränderungen sind Chancen
dann lasst uns doch mal tanzen!
Anpassung und Verbesserung ist
die Reaktion auf Veränderung.
Vor Jahrhunderten sind wir aus den Schreibstuben gefloh‘n,
mit Buchdruck, Eisenbahn und Telefon.
Damit wir endlich in Echtzeit eine Antwort haben (haha, ja?)
und auch Antworten auf Fragen wagen
die wir uns noch gar nicht alle stellen:
Wo wohnen die Wunder und wann bremsen die Schnellen?
Oh ja, Fragen gibt’s viel- agil und volatil
Die vernetzte Gesellschaft sucht nach Antworten
bei google, chatgpt, und anderen Orten
Die Antwort auf alles ist…? (Blick ins Publikum, von dort:) „42!!
Das weiß man doch, na klar. Sah man hier auf der Bühne: ein Papier, 42 mal knicken, dann bist du auf dem Mond.
Ui, denk das mal, das denkt sich aber ungewohnt! Aber wenn wir das alle machen? Falten? Nee!
Ungewohnt denken? Ha! Keine Zeit, lasst euch nicht ablenken,
denn die Transformationsgesellschaft trifft man an allen Orten.
Auch hier im Raum und zwischen den Worten.
Da ist alles besonders volatil, unsicher und komplex.
Das ist ja das, was letztlich die Menschen entsetzt:
Veränderungen sind schwer auszuhalten und vorherzusehen,
deswegen sollen wir sie aktiv angeh’n.
Dann haben wir sie unter Kontrolle und weniger Angst.

Angstfrei und aktiv sollten wir Veränderung gestalten,
ohne den Kern zu verlieren, den woll‘n wir behalten

(„I’ve got my roots…. „)

Den Kern von was? Welchen Kern?
Na, von dem, was wir sind, was das Ganze ausmacht. (Das wüsst ich auch gern…)
Menschenzentrierte Bedürfnisse eben: Vertrauen, Zukunftshoffnung, Sicherheit,
inklusive Wünschbarkeit, Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit.
Yeah, das Volkslied sagt, wer bezahlt bestimmt.
Hm. Ob das der Kirche manchmal den Atem nimmt?

Ich will hier nur mal fragen (bin ich dann Skeptikerin oder bremse ich schon?)
Aber ich hab doch qua Job: Haltung! Fassung und Partizipation!
mit meinem eigenen Mindset, meinem ganz eigenen Denken.
Wir müssen eben unsere Neugierde ganz positiv lenken:
Im „Growth Mindset.“

Oder wir sagen: „Nee, das bleibt jetzt so!“
Manchmal macht mich gerade das, was sich nicht verändert, so richtig froh.
Das ist das „Fixed Mindset“, das ist ganz menschlich, gehört auch zu mir:
Da möchte ich nur meine Ruhe, mein Sofa, ne Serie und ne Flasche Bier.
Denn manchmal werde ich vor lauter Veränderung ganz müde.
Draußen regnets …  aber HIER drinnen ist es gar nicht trübe!

Hier ist man immer noch produktiv, leistungsfähig und resilient,
hier wird verändert mit Energie und nicht gepennt.
Und wenn? Gefühle im Team müssen wir ernst nehmen, Störungen haben Vorrang
- hast du Hunger, Durst, ist dir kalt?
Noch andere Wünsche? (Nein, Moment, das heißt doch „Bedürfnishaushalt“)

Das ist die Küche rund um unsere Tupperdosen-Sammlung
Dafür seid ihr doch Spezialisten! Vertrauen und Sicherheit zu geben – ist doch geistvolle Handlung und Kirche nah am Leben?

Na eben: Euch fragen Menschen in Not, in Glück mit all dem was Leben ist
nach Euren Fähigkeiten, nach Sinn und Seele, Tiefe und Ton.
Das kennt ihr doch, lange schon.
Und dann war da noch das Bild von der blauen Orange, und der „Mount Stupid“, den mochte ich leiden. Nicht nur diese beiden werden dich und mich nach Hause begleiten.

Was macht ihr denn heute Abend?
Na, wir machen Change Kommunikation, gemeinsame Arbeit, Partizipation, Kollaboration – da hat positive Effekte auf unser aller Emotion!

Oder ihr geht an die Tische und schreibt davon, was wir wollt, wohin es gehen soll, dazwischen Zukunftsmusik, das ist toll…
Ive got no roots…. Kommunikation kann Chaos sein,
denn das meiste passiert über Körpersprache - das lass mal in den Body rein!

Das würde ja heißen: Einfach machen,
probieren, diskutieren, Umwege gehen, lachen.
Wie aber gehen Innovation und Tradition zusammen?
Veränderungen sind Chancen -
also Mensch, lasst uns doch mal tanzen!

Oder Schreiben auf Tischdecken im World-Café. Und ich hab mitgelesen:

Weg sollen Verkrustungen und Fieses, die alten Sachen eben, wie Verwaltung, Kirchensteuer und Nörgelkultur, und befassen soll sich Kirche mit KI und eigener Moral, klare Standpunkte soll sie haben und sich engagieren, z.B. klimaneutral.
Ausprobieren möchtet ihr vielleicht… ein Sabbatjahr für alle und gucken, was dann passiert und eine fragt: Hast du schon mal offene Fehlerkultur ausprobiert?
Was euch begeistert an Kirche das ist fröhlich und knapp: Menschen, Segen, Gott/ esdienst drinnen und outdoor und immer in jeder Form.
(Alle kursiven Wörter sind Zitate von World-Café-Tischen)

Und nach dem Mittag 13 Workshops, da denken Engagierte das mit Euch nochmal von vorn:
mit Geduld, Kreativität, Langmut und rockigem Zorn.
Lebendig hab ich euch gesehen, im Gespräch, beim Essen und Gesang.

Jetzt müsst ihr Veränderung tun. Fangt an.

I've got no roots, but my home was never on the ground

I've got no roots?

Ey, das stimmt doch gar nicht. Was für alte Roots, was für Wurzeln ihr habt, steht schon in der Bibel, dieses alte Papier… erinnert ihr euch? Ich müsst nur noch mit dem Falten beginnen.

I've got no roots, but my home was never on the ground

Mein Zuhause war nie auf festem Boden…
Das glaube ich! (Blick nach oben).
Dann macht euch auf den Weg in die Zukunft der Kirche und:
Vergesst nicht zu tanzen.