Zukunft gestalten: Kirche im Wandel

Ev.-Luth. Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg stellt Weichen für morgen

Der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Sinkende Mitgliederzahlen, schrumpfende Einnahmen und der zunehmende Fachkräftemangel fordern ein Umdenken. Ziel ist es, die kirchliche Arbeit zukunftssicher zu gestalten – mit weniger Gebäuden, dafür mehr inhaltlichem Fokus.

„Kirchliche Arbeit ist nicht primär eine Frage des Geldes“, betont Pröpstin Petra Kallies. Doch die Realität ist herausfordernd: Jährlich verliert der Kirchenkreis rund 5.000 Mitglieder, der Sanierungsbedarf an Gebäuden übersteigt deutlich die verfügbaren Mittel. Perspektivisch reichen die Finanzen nur noch für zwölf kirchliche Standorte – ausgenommen die fünf Lübecker Altstadtkirchen und der Ratzeburger Dom.

Die Antwort der Kirche: Konzentration auf das Wesentliche. Propst Philip Graffam stellt eine Vision vor, die Kirche als flexible, kontextbezogene Gemeinschaft denkt – nah an den Menschen, nicht an Steine gebunden. Verwaltung und Ressourcen sollen zentral gebündelt, Gemeinden als Zentren der Begegnung neu gedacht werden. Kirche geht zu den Menschen: auf Marktplätze, in Schulen, an den Strand.

„2030 ist jetzt“, sagt Graffam mit Blick auf den drastischen Rückgang der Pastor:innenzahl. Die Herausforderung sei groß, die Chancen aber auch: für eine Kirche, die nicht zurückweicht, sondern mutig vorangeht.

Ein eigens berufener Ausschuss und ein Kompetenzteam arbeiten bereits an konkreten Schritten. Informationsveranstaltungen in den Regionen begleiten den Prozess. Klar ist: Nur wer sich verändert, bleibt. Und Kirche will bleiben – als lebendige, glaubwürdige und zukunftsfähige Kraft.

Präses Thomas: Jetzt ist die Zeit zum Handeln

Präses Katrin Thomas ruft zu einem Aufbruch und tiefgreifenden Veränderungen in der Kirche auf. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen, schrumpfender finanzieller Mittel und leerer werdender Gotteshäuser betont sie: Jetzt ist die Zeit zum Handeln – gemeinsam, realistisch und hoffnungsvoll.

„Irgendwie ist nie der richtige Moment. Nicht fürs Innehalten, nicht für Veränderung“, sagt Thomas. „Und trotzdem muss man irgendwann beginnen – wir beginnen jetzt und hier mit Ihnen allen, die uns im Glauben und in der Fürsorge für unsere Kirche verbunden sind.“ Sie stellt zentrale Fragen zur Zukunft der Kirche: Wie bleibt kirchliches Leben lebendig, wenn klassische Strukturen nicht mehr tragen? Wie erreicht Kirche Menschen, die im Moment nicht oder nicht mehr sichtbar angebunden sind? Und wie lässt sich das Ehrenamt stärken, wenn hauptamtliche Stellen kaum noch besetzt werden können?

Thomas verweist auf Impulse aus einem Vortrag von Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, der im Zukunftsausschuss der Synode vorgestellt wurde. Die darin vorgestellten Analysen zeigen: Die Kirche kann nicht im „Weiter so“ verharren. Es braucht neue Formate – insbesondere für die Altersgruppe der 20- bis 60-Jährigen, die bisher kaum Angebote findet. (Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche gibt es hier.)

Auch die Rolle der Pastor:innen bleibe bedeutsam: „Seit den 70er Jahren ist eine Bekanntheit in der Bevölkerung gleich. 75 Prozent der Bevölkerung hat schon einmal mit eine:r Pastor:in gesprochen“, zitiert Thomas. Dieses Potenzial gelte es zu nutzen.

Gleichzeitig zeigt sie sich ermutigt von der Haltung vieler Kirchenmitglieder: „Ein Großteil sagt, dass Kirche sich weiter verändern muss, um relevant zu bleiben. Veränderungen werden positiv aufgenommen.“ Auch die „Sehnsucht nach Transzendenz“, die in der Gesellschaft spürbar sei, eröffne Chancen – wenn die Kirche sich von „verengten traditionalistischen Vorstellungen“ löse.

Besonders eindrücklich ist für sie ein Satz aus dem Vortrag: „Die Kirche sollte Räume vorhalten, in denen wir die Liebe Gottes erfahrbar machen.“ Katrin Thomas schlägt vor, diesen Satz als Leitstern für den anstehenden Wandel zu verstehen: „Vielleicht ist es notwendig und hilfreich, für unseren Prozess einen gemeinsamen Leitstern zu finden: Räume/Ort vorhalten, in denen die Liebe Gottes erfahrbar wird.“

Sie macht deutlich, dass der Weg gerade erst beginnt: „Wir stehen mit einer Idee, wie es weitergehen könnte, am Anfang eines kommunikativen und partizipativen Prozesses.“ Erste Rückmeldungen aus der Synode seien ermutigend, auch wenn es Verunsicherungen gebe.

Zum Schluss formuliert die Präses einen offenen Appel: „Wir möchten Ihnen zuhören. Wir möchten Ihre Fragen und Einschätzungen entgegennehmen und mit Ihnen ins Gespräch kommen.“ Und: „Ich bin sicher, das wird uns gelingen, wenn wir uns auf das einlassen, was fällig bis überfällig ist: auf einen Wandel.“

Pröpstin Kallies: Wichtige Grundpfeiler unseres Glaubens

„Kirchliche Arbeit ist nicht primär eine Frage des Geldes“, betont Lübecks Pröpstin Petra Kallies. „Gottesdienst, Seelsorge und christliche Gemeinschaft sind die Grundpfeiler unseres Glaubens und nicht zwingend an große Finanzsummen gebunden. 

Dennoch hat die Kirche im Laufe der Jahrhunderte eine Struktur entwickelt, die finanzielle Mittel erfordert – und von der die Menschen in Stadt und Land profitiert haben und weiterhin profitieren.“

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Propst Graffam: Wir wollen eine lebendige Kirche bleiben

Bis 2030 wird die Zahl der Pastorinnen und Pastoren in der Nordkirche von derzeit etwa 1.700 auf voraussichtlich 959 sinken. 

2030 ist jetzt. Bereits im Frühjahr 2026 kann ich unter den aktuellen gemeindlichen Arbeitsstrukturen in der Propstei Lauenburg keine flächendeckende pfarramtliche Versorgung mehr gewährleisten. Der Regionalisierungsprozess hat bislang nur punktuell die erforderlichen Umstrukturierungen gebracht.

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Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Expedition Kirche

  • Die „Expedition Kirche“ ist der Zukunftsprozess des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg. Ziel ist es, auf die massiven Veränderungen bei Ressourcen, Mitgliedszahlen und Personalzahlen zu reagieren – und trotzdem eine lebendige und vielfältige Kirche zu bleiben. Wie bei einer Expedition wissen wir zwar, wohin wir wollen, der Weg dahin ist aber unsicher, muss entdeckt und unterwegs sicher auch mal verändert werden.

  • Weil die Kirche in unserem Kirchenkreis vor tiefgreifenden Herausforderungen steht: Die Mitgliederzahlen sinken (–58.000 Kirchenmitglieder seit 2009); wir haben zu viele, zu alte und zu teure Gebäude, um sie alle weiter zu finanzieren; wir können wegen des Fachkräftemangels nicht mehr alle offenen Pastor:innen-Stellen besetzen, Gleiches gilt auch für andere Berufsgruppen; außerdem stagnieren bzw. sinken unsere Einnahmen und die Kosten steigen. Wir können nicht einfach weitermachen wie bisher. 

  • Wir bemerken, dass viele Ressourcen von Haupt- und Ehrenamtlichen in immer neuen Strukturprozessen gebunden sind und wir diese Energie nicht für unser „Kerngeschäft“ einsetzen können. Wir wollen mehr Raum dafür schaffen, die Liebe Gottes in den Alltagswelten der Menschen erlebbar werden zu lassen. Wir wollen Gemeinde (neu) bauen und Menschen ansprechen, die wir bisher nicht erreichen. Wir wollen mit den Ressourcen, die wir noch haben, solidarisch umgehen. Wir wollen haupt- und ehrenamtliche Menschen begleiten, stärken, und ausrüsten. Wir wollen verantwortungsvoll mit der Verantwortung umgehen, die uns gegeben wurde und Kirche geistlich, sozial und organisatorisch zukunftsfähig machen – für uns und für die Menschen, die die Konsequenzen unserer Entscheidungen eines Tages tragen müssen.

  • Die Kirche soll sich noch mehr als bisher an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientieren und Raum für die Fragen und die Antworten geben, die die Menschen beschäftigen. Kirche soll erhalten, was lebendig ist, gleichzeitig aber mobiler und innovativer werden, die Menschen dort aufsuchen, wo sie sind, z.B. Gottesdienste am Strand und Seelsorge im Einkaufszentrum. Die kirchlichen Gebäude sollen modern, klimaneutral und barrierefrei werden – und wo es geht gemeinsam mit anderen genutzt werden. Der Verwaltungskram muss reduziert werden, um mehr Zeit und Kraft für geistliche und soziale Angebote zu haben. 

  • Viele Gemeinden haben keinerlei Rücklagen und schreiben „rote  Zahlen“. Gleichzeitig besteht ein großer Investitionsstau bei den kirchlichen Gebäuden. Rechnerisch reichen die Mittel langfristig nur für ca. 12 moderne Standorte im gesamten Kirchenkreis.
     

  • So bitter das ist, aber nicht alle Gebäude können erhalten werden. Um zu entscheiden, welche Gebäude wir weiter finanzieren können und welche nicht prüft die Kirchenleitung eine neue organisatorische Struktur. Das Ziel ist es  wenige, aber moderne, barrierefreie, multifunktionale und nachhaltige Gebäude zu finanzieren. Da, wo sich Initiativen gründen, um kirchliche Gebäude auch ohne kirchliche Mittel zu erhalten, wird das unterstützt.

  • Es gibt Überlegungen für einen stärkeren Zusammenschluss auf Kirchenkreisebene. Die Gemeinden werden weiter eine wichtige Rolle spielen, aber mit neuen Verantwortlichkeiten und in engerer Zusammenarbeit untereinander. Die Verwaltung soll zentralisiert werden, damit vor Ort mehr Zeit für die inhaltliche Arbeit bleibt.

  • Dieser Prozess ist eine „Expedition“, auf dem Weg und lebt von Beteiligung, Austausch und gegenseitiger Mitarbeit. Kirchengemeinderäte, Mitarbeitende, Ehrenamtliche und Gemeindemitglieder sind eingeladen, mitzugestalten, kritisch zu hinterfragen und eigene Ideen einzubringen. Die Vision ist noch nicht fertig, viele Fragen sind noch ungeklärt und wir brauchen Ihre/Eure Unterstützung, um diesen Prozess weiterzuführen.

  • Die Landessynode soll gebeten werden, die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Idee zu prüfen und uns mittteilen, ob das, was wir hier gemeinsam entwickeln, überhaupt denkbar ist. Es gibt einen vorübergehenden Förderstopp für große Bau-, Orgel- und Klimaschutzmaßnahmen bis (voraussichtlich) März 2026. Laufende Beratungsprozesse und Maßnahmen zur Verkehrssicherung laufen weiter. Das Projektbüro des Kirchenkreises arbeitet an konkreten Informations- und Beteiligungsformaten.

Das Kontaktformular zur Expedition Kirche