Hoffnungsträger:innen
von Pröpstin Frauke Eiben
Ein kleines grünes Bändchen gefüllt mit Samenkörnern und der Aufschrift Hoffnungsträger:in ist in unserer Nordkirche und unseren Kirchengemeinden viel tausendfach verteilt. Als Erinnerung an Ostern. Als Erinnerung an das Leben und die Liebe. Diese Pandemie-Zeit wird nicht für immer bleiben, es wird neues wachsen. Frisch und grün und fröhlich. So schwer es auch ist, mehr als ein Jahr auf Nähe und Gemeinschaft zu verzichten, in Sorge zu sein um geliebte Menschen oder auch um die eigene Gesundheit: Diese Zeit wird vorbei gehen. Es wird wieder hell werden. Wenn uns zwischendrin die Geduld oder der Mut abhanden zu kommen droht. ist es gut sich an die Hoffnung erinnern zu lassen. Mit einem kleinen grünen Bändchen oder durch andere Hoffnungsträgerinnen.
In der Ostergeschichte ist meine Favoritin in Sachen Hoffnung Maria Magdalena und die Geschichte, wie sie den Auferstandenen im Garten trifft.
Maria war verzweifelt und traurig und ganz sicher mutlos. In dieser Stimmung hat sie sich am Ostermorgen auf den Weg zum Grab gemacht, um ihren Freund die letzte Ehre zu erweisen. Öl und Blumen zu bringen.
Und dann ist plötzlich etwas geschehen, mit dem sie nicht gerechnet hat.
Maria Magdalena hat sich um 180 Grad gedreht. Ihre Trauer über den Tod Jesu ist verflogen, denn sie hat ihn gesehen. Jesus hat mit ihr gesprochen: „Maria!“ Und sie dreht sich vom Dunkel ins Licht, hin zu der Stimme, die ihr vertraut ist. Maria dreht sich vom Tod ins Leben und in diesem Umdrehen steckt das Erkennen, dass Jesus nicht tot ist. Ein kleiner Moment, eine kleine Bewegung, die das Leben verändert. Magdalenensekunde, so wird dieser Dreh genannt. Eine Einsicht, eine Glaubenswahrheit, ein Blickwechsel, eine Ostererfahrung, die alles neu werden lässt. Was für ein Wunder!
Ich bin der festen Überzeugung, dass Gott jedem Menschen solche Dreh-Momente schenkt, in denen wir verstehen, wo und wie Gott uns braucht, in denen wir Zusammenhänge begreifen, die Wahrheit und die Liebe. Momente, in denen wir Trauer und Vergeblichkeit einfach abschütteln. Statt Tränen ein Osterlachen. Dreh Dich um, lass Dich rufen. Lass dich vom Leben überraschen, ist die Botschaft des Osterevangeliums an uns. Der Tod und die Vergeblichkeit haben nicht das letzte Wort. Und auch die Pandemie nicht. Sie wird vorüber gehen – und mit ihr all die Sorgen und die Anspannung, die sich über uns ausgebreitet haben. Christus ist auferstanden! Halten wir uns bereit für eine (oder mehrere!) Magdalenensekunde(n) in unserem Leben.
Frauke Eiben, Ostern 2021