Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Ilse Lichtenthäler erhält den Günter-Harig-Preis 2025

Ilse Lichtenthäler ist die Preisträgerin des Günter-Harig-Preises 2025. Sie wurde für ihr Engagement in der Frauenhaus-Arbeit geehrt. Copyright: Katharina Micheel

Lübeck. Für ihr jahrzehntelanges Engagement in der Frauenhaus-Arbeit ist Ilse Lichtenthäler mit dem Günter-Harig-Preis 2025 ausgezeichnet worden. Das St.-Petri-Kuratorium ehrt damit die 73-Jährige, die sich seit den 1970er-Jahren für Schutz, Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe von Frauen einsetzt.

„Ich habe den Preis stellvertretend angenommen – für die vielen Frauen, die seit fast 50 Jahren in den Frauenhäusern arbeiten und auf der politischen Ebene für Verbesserungen kämpfen, und für die hunderttausenden Bewohnerinnen und ihre Kinder, von denen jede einzelne einen Preis verdient hätte“, sagt Lichtenthäler.

Pionierin der Frauenhaus-Bewegung

Geboren in Siegen, engagierte sich Ilse Lichtenthäler dort früh in der zweiten Frauenbewegung. Frauengruppen und Selbsthilfeinitiativen prägten die Zeit. Inspiriert durch das Buch Schrei leise der britischen Autorin Erin Pizzey (1976) über das erste Frauenhaus in London, wurde ihr und vielen anderen Frauen klar, wie dringend Schutzräume auch in kleineren Städten gebraucht wurden.

1978 gehörte sie zu den Gründerinnen des Vereins Frauen helfen Frauen Siegen e.V., 1982 entstand eines der ersten Frauenhäuser in Nordrhein-Westfalen: zunächst in einer kleinen Kellerwohnung. „Theorie gab es kaum, aber viel Mut, Zusammenhalt und die Haltung: Für jede Frau finden wir gemeinsam einen Weg“, erinnert sich Lichtenthäler.

Engagement in Lübeck

2003 kam sie der Liebe wegen nach Lübeck. Fünfzehn Jahre lang arbeitete Lichtenthäler im Autonomen Frauenhaus und war verantwortlich für Personal, Finanzen und Öffentlichkeitsarbeit, somit indirekt auch für die Begleitung von Frauen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben.

„Jede Frau, die den Schritt ins Frauenhaus wagt, beweist Stärke“, sagt sie. „Sie hat Misshandlungen überlebt und den Mut gefunden, ihr Leben neu zu gestalten.“

Heute gibt es in Lübeck zwei Frauenhäuser: das Autonome Haus mit 47 Plätzen und das AWO-Frauenhaus mit 15 Plätzen. Die Lage sei schwieriger geworden, so Lichtenthäler: „Wohnungen sind knapp, manche Frauen verbringen viele Monate im Haus. Aber die Solidarität untereinander trägt.“

Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen

Auch im Ruhestand bleibt sie aktiv, unter anderem im Vorstand von Frauen helfen Frauen Lübeck e.V.. Gesellschaftliche Entwicklungen beobachtet sie kritisch: „Vielfalt und Gleichberechtigung geraten wieder unter Druck. Wenn alles so bliebe, wie es immer schon war, säßen wir heute noch in Höhlen.“

Kraft schöpft Lichtenthäler aus der Musik, wie z. B. aus dem Chanson Die Wut ist jung der Kabarettistin Lore Lorenz. „Ich bin älter geworden, ja – aber die Wut über Ungerechtigkeit hält mich jung. Es gibt noch so viel zu tun.“

Preisverleihung in St. Petri

Die Auszeichnung wurde in einer feierlichen Veranstaltung in der Lübecker St.-Petri-Kirche übergeben. Mit dem Günter-Harig-Preis, der seit 2019 verliehen wird, reiht sich Ilse Lichtenthäler in eine Reihe von Persönlichkeiten ein, die sich in besonderer Weise für Demokratie, Gerechtigkeit und gesellschaftliches Engagement eingesetzt haben und ermutigt zugleich, die Geschichte der Frauenbewegung weiterzuschreiben.