Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Pröpstin Kallies zum Jahreswechsel: "Gott übersieht niemanden!"

Lübecks Pröpstin Petra Kallies Copyright: Guido Kollmeier

Lübeck. Die Lübecker Pröpstin Petra Kallies schreibt zum Jahreswechsel über eine gute Nachricht zur Corona-Pandemie, über Solidarität und Rücksichtnahme sowie über die Jahreslosung 2023.

Die Pandemie hat alle gefordert

Zwischen den Jahren kommt eine gute Pressemeldung. Sogar die vorsichtigen Immunologen sagen: „In Deutschland ist die Corona-Pandemie aller Wahrscheinlichkeit nach vorüber.“ Das Virus, das fast drei Jahre lang unser Alltagsleben bestimmt hat, hat seine Gefährlichkeit eingebüßt. Die allermeisten von uns haben, durch Impfungen und/oder durchgemachte Infektionen, genügend Abwehrkräfte. Wir haben es als Gesamtgesellschaft geschafft. Wir haben Rücksicht genommen auf die Risiko-Gruppen; die meisten von uns aus echter Überzeugung. Es gab Phasen, in denen dieser gesellschaftliche Zusammenhalt auf der Kippe stand. Familien, Freundschaften, Teams, sogar Kirchengemeinden, haben die unterschiedlichen Sichtweisen entzweit. Welche finanziellen, wirtschaftlichen und entwicklungspsychologischen Langzeitfolgen die Maßnahmen hatten, werden wir wohl erst in einigen Jahren wirklich beurteilen können.

Für mich bleibt es dabei: eine Gemeinschaft ist nur dann wirklich stark, wenn sie die Bedürfnisse der Schwächsten im Blick behält. Im biblischen Brief des Paulus an die Gemeinde in Rom heißt es im 12. Kapitel: „Einer komme dem anderen mit Ehrerbietung zuvor… Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden… und soweit es an euch liegt: habt mit allen Menschen Frieden!“

Solidarität und Rücksichtnahme

Wir haben während der Pandemie erfahren, zu wieviel Solidarität wir fähig sind. Sicherlich hat es geholfen, dass jeder jemanden kannte, der besonders gefährdet war: eine Kollegin, das Nachbarskind, der Schwiegervater, der Englischlehrer der Kinder, die Schwester der Freundin. Rücksichtnahme fällt uns leichter, wenn wir es für jemanden tun, den oder die wir kennen.

Die Jahreslosung für 2023 lautet: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1. Mose 16,13)

Diesen Satz sagt in der Bibel eine Frau über Gott, die niemand ansehen wollte. Hagar hieß sie. Hagar war eine Ausgestoßene. Sie erfuhr keinerlei Solidarität und Unterstützung.

Hagar war eine Sklavin. Ihre „Besitzer“, Abraham und Sarah, waren betagt und kinderlos. Gott hatte ihnen einen Sohn versprochen, aber irgendwann wollten sie nicht mehr auf das Wunder warten, sondern nahmen die Verwirklichung selbst in die Hand. Abraham schwängerte Hagar. Das Kind sollte dann offiziell zu Sarahs Kind erklärt werden. Doch kaum war Hagar schwanger, erfüllte sich Gottes Verheißung: auch Sarah wurde schwanger. Die unglückliche, rechtlose Hagar wurde von ihr so schlecht behandelt, dass sie in die Wüste floh und jeden Lebensmut verlor. (Abraham hielt sich feige raus: „Regelt ihr das untereinander!“). In der Wüste begegnete Hagar einem Engel Gottes. Dieser sprach ihr freundlich Mut zu. Hagar ging zurück, gebar ihren Sohn Ismael und zog ihn groß. Sie überlebten, alle beide. Hagar war es, die Gott diesen wunderschönen Namen gab: „Du bist ein Gott, der mich ansieht!“

"Haltet Ausschau nach den Engeln"

Mit diesem Satz gehen wir in ein ungewisses neues Jahr 2023. Gott sieht uns an: jeden einzelnen Menschen. Gott übersieht niemanden. Welch ein Segen!

Hagar brauchte einen Engel, damit sie neuen Lebensmut, ja den Willen zu Leben finden konnte. Wir wissen es ja: Engel sind nur sehr selten geheimnisvolle „Männer mit Flügeln“. Meist sind es Menschen, die Gott anderen über den Weg schickt. Vielleicht war Hagars Engel ein Wanderhirte oder ein reisender Beduine. Wie auch immer:

Haltet Ausschau nach den Engeln in Eurem Leben.

Und haltet Ausschau nach denen, für die Ihr zum Engel werden sollt!

Damit auch 2023 wahr bleibt, was Hagar erkannte: „Du bist ein Gott, der mich ansieht!“

Gottes Segen und Frieden für das neue Jahr wünscht Ihnen Ihre Pröpstin Petra Kallies

Das Wort zum Jahreswechsel von Lübecks Pröpstin Petra Kallies finden Sie auch als "Mutwort" auf dem YouTube-Kanal des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg.