Die Jahreslosung stand im Mittelpunkt des Ökumenischen Altstadtfestes, dass am Sonntag, 10. September 2017 in Schlutup gefeiert wurde: "Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch."
Unter der Überschrift „Slut up de Harten“ wurde am Sonntag, 10. September 2017 erstmals in Schlutup das Ökumenefest des Kirchenkreises zusammen mit dem Schlutuper Altstadtfest gefeiert. Der Gottesdient wurde gefeiert unter dem Motto der Jahreslosung: Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch (Hesekiel 36,26 ).
Das Altstadtfest rückte in diesem Jahr den historischen Dorfkern des ehemaligen Fischerdorfs in den Mittelpunkt. Bei strahlendem Spätsommerwetter zogen viele Gäste durch die Gassen, aßen, tranken, hörten Musik und informierten sich über die Partnerschaftsarbeit der Evangelischen Kirche zu Gemeinden weltweit. Mittendrin liegt auf einem kleinen Hügel die St.-Andreas-Kirche. Für das Jahr der Reformation hatten die Verantwortlichen beider Feste beschlossen, gemeinsam zwischen Fischerhäuschen, Kirche und Schule zu feiern. Eröffnet wurde das Fest um 10.30 Uhr mit einem großen Gottesdienst in der Fischerkirche. „Ökumene-Fest 2017“, zusammen mit dem Schlutuper Altstadtfest, das ist eine wunderbare Idee“, so Pröpstin Petra Kallies.
Hier finden Sie die Predigt von Lübecks Pröpstin Petra Kallies.
Predigttext: (Jahreslosung 2017: „Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“
„Ökumene“ ist ein griechisches Wort und bedeutet: „die bewohnte Welt“. Es wird heute vorwiegend im kirchlichen Zusammenhang verwendet, und zwar in zweierlei Hinsicht: Ökumene – das ist das Miteinander von Christinnen und Christen unterschiedlicher Konfession; wenn eine Hochzeit, bei der einer der Partner evangelisch, der andere katholisch ist, mit Geistlichen beider Konfessionen gefeiert wird, nennen wir das eine „ökumenische Trauung“.
Die andere Verwendung des Wortes bezieht sich tatsächlich auf den ganzen Erdkreis, die bewohnte Welt. „Ökumene“ in diesem Sinn bezeichnet Begegnungen, Gespräche, Gottesdienste, Austausch, gemeinsame Projekte, zwischen Christenmenschen aus den Ländern des Südens und des Nordens. Partnerschaft – darum geht es. Und darum geht es heute.
Die Delegation der damaligen DDR schlug 1983 bei der Vollversammlung der Kirchen in Vancouver ein gemeinsames Friedenskonzil der Kirchen vor. 1983, das war zur Zeit des Höhepunktes, oder treffender gesagt, des Tiefpunktes des Kalten Krieges. Welchen Beitrag zum Frieden können Christen leisten, der über die Fürbitte hinausgeht?
Dieser Antrag wurde aufgenommen, aber die Kirchenvertreter waren sich bewusst: mit einer gemeinsamen Erklärung wäre nicht viel gewonnen. Papier, besonders das von ausgewogenen politischen Resolutionen, ist bekanntlich geduldig – und verschwindet, ratzfatz!, auf Nimmerwiedersehen in irgendwelchen Archivordnern. Es geht um einen umfassenden Bewusstseinswandel in den drei großen Themenfeldern: Gerechtigkeit. Frieden. Bewahrung der Schöpfung. Das braucht Zeit, Beharrlichkeit, viele kleine Schritte, Gottvertrauen.
Vollversammlung der Kirchen machte sich 1983 auf den Weg
Die Vollversammlung beschloss kein Konzil, sondern einen „konziliaren Prozess“. Das klingt zwar dröge, meint aber: “Wir haben die Weisheit auch nicht mit Löffeln gefressen. Aber wir machen uns auf den Weg. Und zwar als gleichberechtigte Gesprächspartner. Wir hören einander aufmerksam zu: Christen aus Nord und Süd. Wir bemühen uns, die Sichtweise der Partner zu verstehen. Wir lernen voneinander.“ Und: wir machen daraus keine Bischofs- und Expertenrunden, sondern alle sind eingeladen, sich daran zu beteiligen.
Bischofs- und Expertenrunden sind nötig, aber auch aus persönlichen Erfahrungen weiß ich: das Wesentliche passiert an der Basis. Wenn sich Christinnen und Christen aus unseren Gemeinden mit Christenmenschen in Indien, Afrika, Asien oder Südamerika treffen. Wenn man einander besucht, miteinander Gottesdienst feiert, miteinander isst, über gemeinsame Projekte diskutiert und sich an ihrer Realisierung freut. Daraus entsteht nachhaltig ein neues Denken.
Wir verstehen uns als Lernende. Alle an einem Tisch – anders als z.B. beim letzten G 20 Gipfel in Hamburg, bei dem es immerhin um Themen wie Klimapolitik, Gesundheit, wirtschaftliche Teilhabe von Frauen, Migration und Flucht ging – die armen Ländern aber gar nicht vertreten waren. Es wurde ÜBER sie gesprochen, NICHT MIT ihnen….Einige Partnerschaftsgruppen aus unseren Gemeinden sind heute hier und informieren über ihre Arbeit; einige VertreterInnen der Partner-Gemeinden begrüßen wir heute als Gäste – it is an honour and a great pleasure to have you here!
Jahreslosung Motto beim Ökumene- und Altstadtfest 2017 in Schlutup
„Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ Das ist die Jahreslosung; ein biblischer Satz, der uns durch das Jahr 2017 begleiten soll. Nehmen wir ihn mal genauer in den Blick für unseren heutigen Anlass. „Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ Gott meint also, unser altes Herz macht es nicht mehr lange und wir bräuchten bald mal ein neues, bevor der Herzstillstand einsetzt. Meint Gott, mit unseren Gefühlen stimmt es nicht mehr?
„Herz“ meint in der griechisch-römischen Antike, aber auch im germanischen Kulturraum den Sitz der Gefühle; so sehr, dass ein gemaltes rotes Herz sogar das Symbol für Liebe geworden ist. Herzenslust. Das geht mir zu Herzen. Herzschmerz. „Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“
Das Herz als Sitz der Gefühle – oder als Sitz des Verstandes?
Im Kulturraum der Bibel, aber auch im alten China, in Ägypten verband man mit „Herz“ nicht den Sitz der Gefühle, sondern vor allem des Verstands. Manche meinten, das Gehirn diene lediglich zur Kühlung des Körpers. „Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ Das meint also zweimal dasselbe: Herz und Geist. Nicht mit unseren Gefühlen stimmt etwas nicht, meint Gott, sondern mit unserem Verstand. Unser Denken, unser Bewusstsein, unser Handeln bedürfe dringend einer Erneuerung.
Immer, wenn in der Bibel von einem „neuen Herzen“ die Rede ist, steht das am Ende eines Abschnitts, in dem Gott zuvor, über die Propheten, gesellschaftliche Missstände angeprangert hat – immer wieder: soziale Kälte, soziale Ungerechtigkeit, Hass, Gewalttätigkeit, Bestechlichkeit, Machtmissbrauch. Und seit über 2700 Jahren fühlt sich fast jede Generation ertappt.
Deutsche haben 2015 mit dem Herzen reagiert
Im Jahr 2015 haben wir Deutschen mit dem Herzen im uns vertrauen Sinn, also emotional, reagiert: das Elend der Bürgerkriegsflüchtlinge, das Entsetzen über die Brutalität der Terroristen des IS, hat uns angerührt. Menschen haben Sachmittel gespendet, Geld und vor allem Zeit. Die Not ist uns zu Herzen gegangen; und darauf dürfen wir auch stolz sein! Ich finde es unerträglich, wenn diese Mitmenschlichkeit jetzt plötzlich von einigen Wahlkämpfern schlechtgeredet wird! Dass wir in diesem reichen Land geboren wurden und nicht woanders, ist nicht unser persönliches Verdienst. Es ist schlichtweg Glück – ein Glück, das zu Barmherzigkeit verpflichtet!
Doch die Bibel meint: es geht nicht vorwiegend um Emotionen, wenn wir über Gerechtigkeit sprechen. Es geht um den Verstand, um Werte, um Konzepte. Wir werden Gerechtigkeit und Frieden nicht herstellen, aber wir müssen uns darum bemühen. Auf dem Mittelmeer und in der Sahara sterben Menschen zu Tausenden. Perspektivlosigkeit, Bürgerkriege und Hunger bringen sie dazu, ihre Heimat zu verlassen. Wir errichten Mauern, indem wir diktatorische, menschenverachtende Regime in Nordafrika dafür bezahlen, dass sie die Menschen aufhalten. Eine Schande ist das!
2016 hat Deutschland zum ersten Mal die Vorgabe der UNO erfüllt, 0,7% des Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen, allerdings sind dabei die Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge in Deutschland eingerechnet. Das Geld blieb also zum Teil in Deutschland und floss nicht in die armen Länder.
Wir subventionieren europäische Exporte nach Afrika und machen umgekehrt unsere Märkte dicht für Waren aus Afrika. Das ist doch nicht gerecht, es löst auch keine Probleme! Und es verhindert keine Völkerwanderung im 21. Jahrhundert. Es wird nichts helfen: wirkliche Gerechtigkeit und Frieden wird es nur dann geben, wenn wir bereit sind, nicht nur von unserem Überfluss abgeben, sondern insgesamt Verzicht üben. Die Gut- und Sehr-gut-Verdienenden selbstverständlich mehr als die Geringverdienenden!
Christlicher Glaube orientiert sich am Wort.
„Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ Es heißt nicht: Gott spricht: „Ändere Dein Denken! Besorg Dir ein neues Herz und einen neuen Geist!“, sondern „Ich schenke dir…“ Gott verändert uns – wenn wir das zulassen. (Man kann sein Herz auch „verhärten“, sich verweigern…)
Auch die Alten wussten: das Herz ist unser Lebensmotor. Wenn es aufhört zu schlagen, ist das Leben vorbei. Gott erneuert unser Denken im umfassenden Sinn; kräftigt unseren Herzschlag. Das geht so: In der Bibel lesen - gerne die Evangelien - und sich von Jesus inspirieren lassen. Muss auch im Lutherjahr nicht die Lutherbibel sein; wer es lieber in heutiger Sprache hat, greife zur „Basis-Bibel“. Christlicher Glaube orientiert sich am Wort. Bild dir eine eigene Meinung!
Christenmenschen glauben nicht für sich allein; wir sollen nicht im eigenen Saft schmoren. Wir bekommen neue Impulse (da steckt das Wort „Puls“ / Herzschlag drin!) in der Begegnung mit anderen Menschen, auch aus anderen Ländern: heute mit unseren ökumenischen Gästen (Ökumene = der ganze Erdkreis), aber auch, indem einzelne von uns eine Zeitlang in anderen Ländern leben, arbeiten, lernen – und nach ihrer Rückkehr davon berichten.
„Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ Euch! Plural! Es geht nicht darum, dass wir uns als einzelne abrackern bis zum Umfallen. Es geht darum, als Gemeinde zu handeln, jeder und jede mit den eigenen Begabungen, Kraft und Zeitbudget. Gemeinsam suchen wir nach Wegen, die zu Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung führen.
Thematisch größer geht es kaum noch. Aber mit weniger dürfen wir uns auch nicht abfinden. Wir gehen als Kirche unseren Weg. Gemeinschaftlich. Beharrlich. Geduldig. Fröhlich – das ist ganz wichtig! „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“, heißt es in der Bibel. Dazu helfe uns Gott.
Am 24. September 2017 bei der Bundestagswahl wählen gehen!
Am 24. September 2017 ist Bundestagswahl. Lasst uns die Kandidatinnen und Kandidaten befragen nach ihren Gedanken zu Friede, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Lasst uns ihnen deutlich machen, dass diese Themen keine Randthemen sind. Und lasst uns am Wahltag unser Wahlrecht nutzen. Dafür haben Demokraten in West und Ost ihr Leben gelassen.