Kaum jemand weiß, dass Martin Luther das Weihnachtsfest, so wie wir es kennen, maßgeblich geprägt hat. Wie und warum erläutert Pröpstin Petra Kallies in ihren Gedanken zu "Luther und Weihnachten".
Hat Martin Luther den Weihnachtsmann erfunden? Nein, hat er nicht.
Zu Luthers Zeiten wurden die Kinder am 6. Dezember, am Nikolaustag, beschenkt. Nikolaus war ein Bischof, der im 4. Jahrhundert in der heutigen Türkei lebte. Er hatte ein großes Herz und kümmerte sich besonders um die Armen. Um sie nicht zu beschämen, stellte er ihnen seine Geschenke nachts vor die Tür. Einmal tauschte er während einer langen Dürrezeit das Kirchensilber gegen Getreide und bewahrte damit die Menschen in seiner Stadt Myra vor dem Hungertod. So wurde er zum Heiligen.
Weil im späten Mittelalter die Heiligen oft genauso oder manchmal sogar noch mehr verehrt wurden als Gott selbst, hielten Luther und die Reformatoren nichts vom Heiligenkult. Martin Luther versuchte daher, der Nikolaus-Legende das Christkind entgegen zu setzen, dessen Geburt wir am Weihnachtsfest feiern. Das Kind in der Krippe ist Gottes Geschenk an die Welt.
Letztlich war Luther nicht konsequent. Er liebte seine Kinder und wollte ihnen die geheimnisvollen Weihnachtsbräuche nicht nehmen. Er versuchte, den heiligen Nikolaus durch das „Christkind“ zu ersetzen, das ab 1531 die Aufgabe des Geschenke-Bringens im Hause Luther übernahm. Das ist jedoch nicht etwa das neugeborene Kind, das Maria in Bethlehem zur Welt brachte. Das Christkind entstammt Völkerkundlern zufolge den mittelalterlichen Krippenspielen und Weihnachtsumzügen, die von einem „Christkind“ in engelhafter Verkleidung angeführt wurden.
Theologie und Volkstum gehen bisweilen getrennte Wege. So bringt ausgerechnet im katholischen Süden Deutschlands Luthers Christkind die Geschenke, während im evangelischen Norden seit dem 19. Jahrhundert der Weihnachtsmann diese Aufgabe übernimmt.
Auch der ist, ebenso wie das Christkind, keine biblische Gestalt. Der Weihnachtsmann ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, eine Mischung aus vielen christlichen und vorchristlichen Gestalten. Er passte genau zu der damaligen bürgerlichen Leitidee vom liebevoll-autoritären Vater. Der Weihnachtsmann ist Gabenbringer und Moralapostel zugleich.
Da ist mir die Erinnerung an den gütigen Bischof Nikolaus doch lieber.