Ein rund zehn Jahre langer Prozess geht zu Ende: Am 5. Juli 2014 feierte das „Haus der Generationen“ in Lauenburg/Elbe seine feierliche Eröffnung. Es beherbergt die erste Passivhaus-Kita Schleswig-Holsteins.
Ein rund zehn Jahre langer Prozess geht zu Ende: Am 5. Juli 2014 feierte das „Haus der Generationen“ in Lauenburg/Elbe seine feierliche Eröffnung mit einem Tag der offenen Tür. Lange Zeit lagen Steine im Weg, die die Kirchengemeinde nach und nach wegräumen konnte. Im Jahr 2011 beauftragte sie das Hamburger Architekturbüro Heinicke mit der Planung des Passivhauses, das nun den Kindergarten, die Familienbildungsstätte und den Mehrzweckraum beherbergt. Die Grundsteinlegung war im Sommer 2013. „Das bestehende Dietrich-Bonhoeffer-Haus mit dem Neubau des Passivhauses erweitert“, berichtet Pastor Philip Graffam. Aus zwei bestehenden Kindertagesstätten ist nun eine geworden. „Wir standen vor der Wahl, ob wir zwei Gebäude sanieren oder nur eines. Der Verkaufserlös der alten Kita-Gebäude floss mit in die Finanzierung ein“. Die Finanzierung wurde in zwei Bauabschnitte unterteilt. I Finanzierung Kindertagesstätte und 2. Finanzierung des Gemeindeteils. Die Finanzierung der Kindertagestätte setzt sich wie folgt zusammen: Kreis: 208.620,00 Euro / Land: 285.000,00 / Kirchenkreis: 152.000,00 / KFW-Mittel: Refinanziert durch die Stadt Lauenburg: 660.000,00 / Kirchengemeinde 122000. Margot und Jürgen Wessel Stiftung: 40 000: Gesamt: 1468.000 (gerundet) De Finanzierung des Gemeindeteils (ca. 630000) wird durch die Kirchenkreis und die Kirchengemeinde Lauenburg finanziert.
Pröpstin Frauke Eiben sagte am Tag der offenen Tür: „DBH (Dietrich-Bonhoeffer-Haus) – drei Buchstaben, die für ein Haus und ein Programm sprechen. Drei Sätze vom Namensgeber Dietrich Bonhoeffer werden unter diesem Dach entfaltet: 1. Kirche für andere“. Kirche sei nur Kirche, wenn sie Kirche für andere ist: „Das Mehrgenerationenhaus ist kein Haus für eine geschlossene Gesellschaft. Hier sind die Türen weit geöffnet für Menschen aller Generationen, aller Einkommensklassen, unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen. Es ist ein Haus für die Menschen dieser Stadt“. Der zweite Satz, eine Liedzeile von Dietrich Bonhoeffer „ Von guten Mächten wunderbar geborgen“ beschreibe die Haltung, mit der im Haus Begegnung geschieht. „Segen und Leben weitergeben. Das wird am deutlichsten sichtbar bei den Kita Kindern, die hier mit Gott groß werden und wachsen“. Satz Nummer 3 „Beten und Tun des Gerechten“ sei heute so aktuell wie vor Jahrzehnten: „Gottesdienstort und tätige Nächstenliebe finden in einem Haus statt: für Flüchtlinge, Familien in Not, ob es nun um Schulden oder Konflikte in der Ehe und Erziehung geht“, so Eiben.
Bereits das Dietrich-Bonhoeffer-Haus war ein Treff für Jung und Alt und beherbergte zahlreiche Gruppen und Veranstaltungen der Kirchengemeinde. Das neue Haus der Generationen aber will noch mehr bieten: Es ist offen für alle, auch für kirchenferne Bürgerinnen und Bürger. „Wir möchten unser Haus für alle Lauenburger öffnen, um die Lebenssituation in der gesamten Stadt zu verbessern“, so Karnstädt-Meißner. Er hoffe, dass sich eine Eigendynamik entwickle und das Haus der Generationen zu einem lebendigen Mittelpunkt wird, dessen Angebote zahlreich genutzt werden.
Bisherige feste Veranstaltungen und Gruppen sind: Gottesdienste, der Seniorenkreis, Musikgruppen der Familienbildungsstätte und Kirchengemeinde, Gemeindeversammlungen und Sitzungen des Kirchenvorstandes, Konfirmandenstunden und der Jugendkreis „taCH“. Regelmäßig finden Kurse der Familienbildungsstätte, die offene und generationsübergreifendeTheaterarbeit, Flohmärkte, Seminare und öffentliche Gemeindeversammlungen statt. Die Lebens- und Erziehungsberatung der örtlichen Diakonie , private und öffentliche Initiativen können die Veranstaltungsräume nutzen. Darüber hinaus gibt es Themenabende sowohl im interkulturellen als auch im interreligiösen Dialog. „Mit der Zeit stellte sich heraus, das die bunte Vielfalt an Gruppen und Veranstaltungen einen höheren Raumbedarf beanspruchen“, so Philip Graffam. Die Kirchengemeinde wollte mit den Um- und Anbau die verschiedenen Angebote weiter verzahnen, den Raumbedarf anpassen und so den generationsübergreifenden Dialog gestalten.
Ein wichtiger Punkt dieser Überlegungen war die demographische Entwicklung Lauenburg: Die Zahl der Senioren in der Stadt steigt weiter, die Zahl der Kinder und Jugendlichen nimmt ab. Noch ein Grund: Neben den demographischen Problemen scheint die schleichend zunehmende Verarmung der Stadt die aktuelle Hauptsorge zu sein. Viele Senioren sind auf die Angebote beim Verein „Die Tafel“ angewiesen und jedes dritte Kind lebt bereits unterhalb der Armutsgrenze. Dazu kommen die individuellen Probleme der Vereinsamung und Vereinzelung innerhalb des sozialen Stadtgefüges. Lauenburg zeigt zudem deutliche Spuren einer multikulturellen Gesellschaft und vielen Einwohnern anderer Nationalitäten und Religionsgemeinschaften. Die Stadt und einzelne Bürger haben bereits auf diese Entwicklung reagiert und es gibt es eine hohe Anzahl von Seniorenheimen und Einrichtungen für betreutes Wohnen, diverse Pflegedienste, den Verein „Die Tafel“, eine aktive AWO-Arbeit, der Treffpunkt im sozialen Brennpunkt „ToM“, kostenloses Schulfrühstück, einen aktiven Ortsjugendring und ein Jugendzentrum.
Die Ziele mit ihrem Haus der Generationen formuliert die Kirchengemeinde Lauenburg/Elbe: „Zu unserem Selbstverständnis als „Kirche vor Ort“ gehört neben den kirchengemeindlichen Kerntätigkeiten auch das Engagement im Gemeinwesen sowie unseren Beitrag im familiären, multikulturellen und interreligiösen Zusammenleben zu leisten. Offenheit und Gastfreundschaft sind Qualitätsmerkmale unseres Hauses und tragen dazu bei, die Vielfalt der Menschen unserer Stadt wahrzunehmen und anzuerkennen. „Mit Gott groß werden“ ist nicht nur die Grundkonzeption unserer Kindertagesstätte, sondern zugleich Grundtenor des gesamten Hauses. Es eröffnet einen Zugang zur Welt, der es ermöglicht, Sinnzusammenhänge zu erfassen, das Ganze der Welt zu erschließen und Fragen nach dem Woher, Wohin und Wozu zu beantworten. Es hilft vielen Menschen, einen Halt im Leben zu finden und sie in ihrer jeweiligen Lebenssituation zu begleiten. Zur Umsetzung dieses Ansatzes sind alle bisherigen Angebote und die Kita unter einem Dach untergebracht. Nicht nur die Präsens der vielen verschiedenen Gruppen und Institutionen steht im Vordergrund, besonders auch die Vernetzung untereinander wird angestrebt.
Das Haus der Generationen schafft so die Möglichkeit, die vielfältigen Angebote auf einen Blick wahrzunehmen und stellt sich der Herausforderung das Leben als Ganzes zu begreifen. Es will eine Atmosphäre des „Ich bin hier willkommen!“ schaffen; ein „Klima des guten Gesprächs und des offenen Dialogs“ erzeugen. Es herrscht eine Atmosphäre der Transparenz und Offenheit. Wege werden verkürzt und Angebote mit einander vernetzt. Dies soll auch durch die Konzentration auf zwei Zentren in der Stadt erreicht werden: Das Gemeindehaus und die Maria-Magdalenen-Kirche in der Altstadt und das „Neue“ Haus der Generationen. Nähe schafft Begegnung, Begegnung schafft Dialog. Dialog schafft Akzeptanz und fördert die soziale Interaktivität der Generationen und Milieus innerhalb der Stadt Lauenburg. Die Zusammenarbeit mit dem ToM ist eine der Kernziele des Projektes.
Raumkonzeption
Die Senioren-, Jugend und Theaterarbeit wird im Wesentlichen im bereits bestehenden DBH untergebracht sein, wobei die Küche und Garderobe vergrößert werden. Die Kita und Seminarräume der Familienbildungsstätte werden im Neubau (siehe Zeichnung) untergebracht sein.
Herzstück des gesamten Komplexes wird aber der Bereich sein, der durch die Verbindung des Neubaus mit dem DBH entsteht (Foyer und Mehrzweckraum). Diese Gelenkstelle des gesamten Komplexes verbindet die beiden Gebäude nicht nur räumlich, sondern ist zugleich der Ort der Begegnung und Treffpunkt der Generationen.
Treffpunkt der Generationen
In zentraler Lage bietet dieser Raum das Forum für den Dialog der Generationen. So kann das Foyer zugleich als Ausstellungsraum genutzt werden, in dem sowohl die Kita, als auch die anderen Gruppen und Einrichtungen die Möglichkeit haben, ihre Arbeit darzustellen, um so von allen Besuchern wahrgenommen zu werden. Der Mehrzweckraum ist nicht nur Bewegungsraum der Kita, sondern zugleich Treffpunkt der Generationen und lädt zum Verweilen ein.
So ist geplant dort regelmäßig ein „Erzähl-Café“ einzurichten, das eine offene Kinder- Jugend- und Seniorenarbeit im Blick hat. Das Erzähl-Café wird abwechselnd durch die verschiedenen Gruppen auf ehrenamtlicher Basis geführt und jeweils mit altersspezifischen Themen und Angeboten gefüllt. Dazu kommen Veranstaltungen, wie kleine Konzerte, Lese- oder Gesprächsabende.
Insbesondere durch die ansässige Kindertagesstätte ist das Haus der Generationen gleichzeitig ein Treffpunkt der Kulturen. Auf diese Weise sind die verschiedenen Kulturen bereits jetzt im Gespräch. Durch die Nähe von Kita – und Haus der Generationen werden diese Kontakte vertieft.
Energetische Überlegungen - Passivhaus
Die Kirchengemeinde als Kirche vor Ort ist sich auch ihrer Verantwortung bewusst, ihren Anteil im Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung wahrzunehmen. Daher plante sie das gesamte „Haus der Generationen“ nach den modernsten Anforderungen umweltfreundlich zu gestalten und strebte den Bau eines sogenannten „Passivhauses“ an. Das Haus ist so gedämmt und mit einer Belüftungsanlage ausgestattet, dass auf eine konventionelle Heizung weitestgehend verzichtet werden kann. Die Idee des Passivhauses ist es, die erwärmte verbrauchte Luft der sich im Haus aufhaltenden Personen aufzufangen und mittels eines Kreuzwärmetauschers dem Haus wieder als erwärmte Frischluft zuzuführen. So wird nicht nur umweltfreundlich geheizt und Energie gespart, sondern es verbindet alle Besucher des Hauses in besonderer Weise. So wärmen die Kinder der Kita den Seniorennachmittag, die Senioren den Jugendtreff, der Jugendtreff die Posaunenchorprobe und der Posaunenchor die Theatergruppe.
Fazit
Mit dem Haus der Generationen soll langfristig die enge Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen den jeweiligen Altersgruppen und Angeboten der Kirchengemeinde, der Familienbildungsstätte, des ToMs und der Kindertagesstätte gefördert und die Kooperation mit den einzelnen Angeboten der Stadt, Vereinen und privaten Initiativen gesucht und weiter gefestigt werden. Darüber hinaus wird es die Aufgabe der Kirchgemeinde sein, den Wandel der Zeit stets zu beobachten und die Angebote kritisch zu überprüfen und neue Arbeitsfelder zu erschließen.
Foto: Pastorin Inga Meißner, Pastor Till Karnstädt-Meißner, Pröpstin Frauke Eiben und Pastor Philipp Graffam am „Tag der offenen Tür“ im Haus der Generationen Lauenburg.