Lübeck. 700 Gläubige pilgerten den ökumenischen Kreuzweg an Karfreitag– von St. Jakobi bis zum Jerusalemsberg. Er stand unter dem Titel „Bedrohung.Mut.Frieden“ und legte den Schwerpunkt auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.
„Ohne Frieden ist am Ende alles nichts“
So sagte Björn Engholm, Ministerpräsident a. D. an der ersten Station an St. Jakobi: „Wir gehen diesen Kreuzweg seit 20 Jahren, und heute in dem Bewusstsein, dass ein Volk in Europa bedroht wird und Leid und Not erlebt“. Pastor Lutz Jedeck ergänzte: „Wir erleben, wie ein russischer Pontius Pilatus gnadenlos Macht ausübt, unfähig, Gnade zu empfinden“ Und: „Ohne Frieden ist am Ende alles nichts“.
An der zweiten Station am Burgtor sprach Anke Laumayer, Enkelin des von den Nazis ermordeten Lübecker Märtyrer Karl Friedrich Stellbrink: „Mein Großvater hatte den Mut, die Wahrheit zu sprechen, sodass selbst seine Kirche nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Eine Wahrheit, die niemand hören wollte. Er ließ sein Leben dafür, ließ seine geliebte Frau zurück mit all ihren Sorgen und Ängsten. Und doch vertraute er auf die Worte Jesu im Johannes-Evangelium: ‚Meinen Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch‘“. Der Krieg sei so nah wie lange nicht mehr, Verhandlungen führten ins Leere. Wichtiger denn je seien Gebete und der Mut der Menschen, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Denn hier beginne der Frieden.
Mit Applaus bedachten die Pilgerinnen und Pilger Dr. Iryna Tybinka, Generalkonsulin der Ukraine in Hamburg. Sie spreche als Ukrainierin für ihr Volk: „Danke, dass ich hier reden darf. Seit 408 Tagen ertragen wir das Kreuz des russischen Angriffskrieges. Jeden Tag erleben wir Verlust, Zerstörung und Tod. Kinder verlieren ihre Eltern. Dieser Krieg ist eine Bedrohung für die ganze Welt. Schon ein Tag zu überleben bedeutet übermenschliche Anstrengung. Und doch werden wir jeden neuen Tag zählen und für jeden neuen Tag, den wir erleben, danken. Denn das, was uns Kraft gibt, sind: Liebe, Glaube und Hoffnung“. Dies seien die drei Geschenke Gottes, die jeder braucht.
Kreuzwege entstehen aus Hass
Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck, sagte an der vierten Station an der Jugendherberge: „Aus Hass entstehen Kreuzwege. So wieder dieser, den wir seit Jahren in ökumenischer Freundschaft gehen. Die Diktatoren folterten Jesus und sagten zu ihm: ‚Hilf dir doch selbst, wenn du der Sohn Gottes bist!‘“ Wegschauen sei der falsche Weg. „Auch wenn wir keine Antwort auf die Gewalt haben, so können wir doch beten und Hilfe leisten. Gott will keine Toten und Verletzten. Gott will Frieden!“
Die Schreie der Menschen hören
Am Relief auf dem Jerusalemsberg, der fünften und letzten Station, betonte Erzbischof Dr. Stefan Heße, dass das Hören auf die Schreie gebraucht würden: „In der Ukraine wie auch in Israel – es dürstet die Erde nach Frieden und Gerechtigkeit“. Heße bezog sich auf den Durst Jesu, auf den mit Schwämmen voll Essig geantwortet wurde. „Jesus schrie: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘ Dies war nicht nur ein Schrei, es war auch ein Gebet“. Auch jetzt höre Jesus die vielen Schreie der Menschen – und es sei wichtig, ihnen beizustehen, da zu sein. So wie für die Menschen in der Ukraine.