"Luther anders" heißt eine neue Ausstellung in der Gedenkstätte Lutherkirche. Sie ist noch bis Ende Oktober zu sehen.
"Luther anders" heißt eine neue Ausstellung in der Gedenkstätte Lutherkirche. Sie ist noch bis Ende Oktober zu sehen.
Eine Plane hängt auf einem Gerüst vor dem Standbild am Eingang der Lutherkirche in der Moislinger Allee. In Umrissen darauf gezeichnet, erkennt man das darunter versteckte Relief, das den Namensgeber der Kirche zeigt. In der Mitte ein großes Fragezeichen. Eine Woche lang wird die Plane hängenbleiben und von hoffentlich vielen Passanten gesehen werden.
Mit der Aktion will die Luther-Melanchthon-Gemeinde zum Nachdenken über die monumentale Luther-Skulptur von Fritz Behn anregen. Der Künstler hatte die Figur 1938, ein Jahr nach dem Bau der Kirche geschaffen. „Die Figur gehört zu unserer Kirche und viele Menschen hier fühlen sich mit ihr verbunden“, erzählt Pastor Thorsten Rose. „Sie erscheint auf Fotos von Hochzeiten, Taufen und Konfirmation.“ Der Luther an der Lutherkirche ist damit automatisch auch zu einer Figur im Familienalbum geworden. Wie bei vielen Dingen, an die man durch den alltäglichen Umgang gewohnt ist, wurde und wird die mächtige Skulptur von heutigen Gemeindegliedern in der Regel nicht kritisch betrachtet.
„Die mächtige Figur ist aber ein Kind ihrer Zeit,“, erklärt die Leiterin der Gedenkstätte Lutherkirche, Dr. Karen Meyer-Rebentisch, die bereits im Frühjahr die Ausstellung „Lutherbilder aus sechs Jahrhunderten“ in die Kirche geholt hatte. Diese zeigte deutlich, wie sehr der jeweilige Zeitgeist auf die künstlerischen Darstellungen des Reformators gewirkt hat. In der NS-Zeit galt Luther vor allem als nationalistischer Kämpfer, als herausragender Deutscher. „Das ist aber nur ein Aspekt“, sagt Meyer-Rebentisch, „deshalb wollen wir uns von allen Seiten mit ihm auseinandersetzen.“
Während der Laufzeit der Ausstellung tauschten sich verschiedene Gemeindegruppen über den Reformator Luther und ihre Sicht auf die Skulptur von Fritz Behn aus. In einer zweiten Phase entstanden mit Papier und Buntstift erste Skizzen, wie die Lutherfigur ergänzt oder verändert werden könnte, um lebendiger zu werden. Dabei stand immer wieder die Frage im Raum: Was bedeutet uns Luther heute, was ist uns wichtig?
Schließlich wurden gemeinschaftlich neun von der Künstlerin Beate Glau zuvor gegossene Miniaturen der Figur so gestaltet, wie die jeweilige Gruppe Luther sehen wollte: Aus dem braunen Sumpf des Nationalsozialismus bunt emporsteigend, mit Symbolen von Frieden, Freiheit und Liebe ergänzt, mit den wichtigsten seiner Worte ausgestattet, das schwarz-finstere Mittelalter verlassend, golden glänzend, mit einem Rosenstock zu Füßen... Projektleiterin Gesa Hollaender erinnert sich: „Der andere Blick auf Luther hat Alt und Jung viel Freude gemacht und die Wahrnehmung erweitert. Die entstandenen Figuren zeigen ein so vielfältiges Bild, wie Luther sein kann.“
Diese etwa 50cm großen Figuren werden den Oktober über in der Lutherkirche zu sehen sein. Drei davon werden für jeweils eine Woche als Großfoto vor das Relief am Eingang gehängt und damit auch von draußen sichtbar sein. Doch erst einmal soll das große Fragezeichen neugierig machen.
Ausstellung „Luther anders“ in der Gedenkstätte Lutherkirche, Moislinger Allee 96
Mittwoch und Freitag 14-16 Uhr
Text und Foto: Kirchengemeinde Luther-Melanchthon