Nordkirche: Friedhöfe sind Orte der Erinnerungskultur, 25.01.2017

Die Nordkirche und das Erzbistum Hamburg lehnen die von den Piraten geforderten Veränderungen im Bestattungsgesetz Schleswig-Holsteins ab. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Piraten-Fraktion wird am 25. Januar 2017 im Landtag entschieden.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und das Erzbistum Hamburg lehnen die von den Piraten geforderten Veränderungen im Bestattungsgesetz Schleswig-Holsteins ab. Hintergrund ist ein entsprechender Gesetzentwurf der Piraten-Fraktion, über den der Landtag am heutigen Mittwoch, 25. Januar 2017, beraten und entscheiden wird. Danach sollen Hinterbliebene die Urne mit der Asche eines Verstorbenen bis zu zwei Jahre in ihrer Wohnung aufbewahren beziehungsweise die Asche außerhalb von Friedhöfen, etwa auf privaten Grundstücken, verstreuen können.

Frauke Eiben, Pröpstin im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, sagt dazu: „Mit einer fortschreitenden Individualisierung der Bestattungsmöglichkeiten verlieren wir einen wichtigen gemeinsamen Gedenkort in unseren Städten und Dörfern: den Friedhof. Öffentlicher Raum und Gedächtnis eines Sozialraums, Schutzraum für Trauernde, Hoffnungsgrund, auf dem die christliche Botschaft der Auferstehung durch Grabmale, Bepflanzung, Bibelworte Ausdruck findet – ein Ort, der uns miteinander erinnert, dass wir sterblich sind. All das entfällt, wenn Asche im eigenen Garten verstreut wird oder die Urne ins Regal gestellt wird.  Es sollte eine gemeinsame Anstrengung von Kommune und Kirche sein, die Friedhöfe zu erhalten, damit wir eine gute Gedenk- und Trauerkultur leben können. Eine, die  tröstet und den Menschen gerecht wird. Den Lebenden und den Verstorbenen.

„Es ist ein Irrtum, dass der Tod eine Privatsache ist“, so Bischof Gothart Magaard, Sprengel Schleswig und Holstein der Nordkirche im Vorfeld der Landtagsdebatte. „Trauer ist zweifellos etwas höchst Persönliches – jeder Mensch trauert anders. Der Tod selbst aber ist immer auch eine öffentliche Angelegenheit, die das Gemeinwesen betrifft.“ Es sei deshalb auch eine gemeinschaftliche Aufgabe, den öffentlichen Charakter des Todes mit einer entsprechenden Bestattungskultur zu pflegen. Bischof Magaard: „Es sind viele Umstände denkbar, unter denen der Ort der Trauer für einige Trauernde in der Folge eines angeblich ‚liberalisierten‘ Bestattungsrechts nicht mehr zugänglich wäre. In der ohnehin schmerzhaften Situation des Abschieds würde man ihnen damit auch noch zumuten, andere Wege und Orte für ihre Trauer suchen zu müssen.“ Die derzeitige Gesetzeslage dagegen lasse alle zu ihrem Recht kommen.

Dr. Stefan Heße, Erzbischof von Hamburg, erklärt: „Friedhöfe sind das kulturelle Gedächtnis einer Gesellschaft. Gerade angesichts von Katastrophen oder dem Tod bekannter Persönlichkeiten merken wir, wie wichtig auch ein kollektives Gedenken ist. Als Seelsorger wissen wir außerdem schon heute, dass viele Angehörige im Nachhinein ein großes Problem damit haben, wenn eine Person anonym bestattet worden ist. Ähnlich wird es sich verhalten, wenn die Asche irgendwo verstreut wird. Es fehlt dann der Ort, an dem man seine Trauer zum Ausdruck bringen kann, etwa durch ein Licht oder eine Blume. Außerdem ist die Beisetzung ein wichtiger Schritt in einem oft sehr langen Trauerprozess. Das Grundgesetz verpflichtet dazu, die Würde jedes Menschen zu achten und zu schützen. Das gilt auch über den Tod hinaus. Die Gesellschaft wird ärmer und kälter werden, wenn sie nicht mehr als Gemeinschaft und nicht mehr öffentlich ihre Toten ehrt und bestattet.“