"Pfingsten ist die Geburtsstunde der Kirche, die in Bewegung bleiben muss, damit sie eine Bewegung bleibt", sagt Pröpstin Petra Kallies. Die ganze Predigt aus der Morgenandacht in der Wegekapelle Klein Grönau gibt es hier.
"Die Jünger saßen im Obergemach eines Hauses. Seit zehn Tagen schon. Wer sagt eigentlich, dass sie da miteinander eine gute Zeit hatten? Da hockten sie aufeinander, trauten sich nicht vor die Tür, aus Angst, angegriffen zu werden, oder ausgelacht, oder bedauert... Sie hatten die Schotten dicht gemacht und blieben unter sich.
Dicke Luft: Wie geht es weiter mit dem Missionsauftrag?
Zehn Tage lang. Da kann das schon passieren, bei so einer unfreiwilligen Klausur, dass irgendwann die Nerven blank liegen. Dass es dicke Luft gibt. Eine Nachwahl hatten sie auch noch erledigen müssen. Wahlen sind niemals einfach, auch nicht, wenn man vorher betet und dann zwischen den beiden Kandidaten das Los wirft. Das klingt einfach, aber mir kann keiner erzählen, dass das dann auch wirklich einfach ist. Wie soll das jetzt konkret weitergehen mit diesem „Missionsauftrag“? Wer hat den Hut auf? Was genau soll man erzählen, was ist der Plan? Da kannst du schon aneinandergeraten...
Frische Luft: Der Geist Gottes bringt Klarheit und Bewegung
Und dann kommt der Pfingsttag. Die irgendwie aufrecht gehaltene Ordnung gerät durcheinander. Die verschlossenen Fensterläden fliegen plötzlich auf. Licht kommt rein, neue Perspektiven, und vor allem: endlich frische Luft. Und ihnen allen, jedem einzelnen, geht ein Licht auf! Der Geist Gottes, der wie ein Sturmwind durch das Haus saust, bringt die Jünger in Bewegung. Plötzlich ist alles unkompliziert.
Sie stürmen nach draußen, und es ist klar, wer für alle spricht: Petrus. Der sich auf den Markt stellt und einfach losredet, so wie in der Schnabel gewachsen ist. "Ihr Männer von Jerusalem. Ja, da seid Ihr am Staunen! Und denkt vielleicht, wir sind betrunken. Wie peinlich - morgens schon um zehn! Aber das sind wir nicht, Leute, wir sind stocknüchtern! Wir haben nur endlich etwas kapiert!"
Als gebe es kein Morgen mehr: Miteinander reden
Und dann kommen sie miteinander ins Reden, die Apostel, alle aus derselben Gegend, alle aus Galiläa. Sie sprechen mit Leuten, von denen sie noch nie vorher was gehört hatten: Kappadozier. Phrygier, Pamphylier. Kreter, Araber, und Leute aus der Gegend von Kyrene in Libyen.
Menschen, die die Welt durch eine ganz andere Brille betrachten. Menschen, die kulturell ganz anders geprägt sind. Menschen, denen gar nicht klar ist, dass sie auf der Suche nach Sinn im Leben sind. Denen allen erzählt Petrus von der Auferstehung Jesus von den Toten.
Noch etwas Unwahrscheinlicheres, Wunderbareres, Befremdlicheres gibt es kaum! Dass der Tod nicht das Ende ist, sondern dass es Hoffnung gibt. Hoffnung, auch wenn alles ausschaut wie verdorrt, wie gescheitert. Als sei der Point-of-no-Return längst überschritten. Als gebe es kein Morgen mehr. „Stimmt nicht!" sagt Petrus. "Gott hat Christus von den Toten auferweckt. Das verändert alles. Das ist das Plus. Das positive Vorzeichen vor alldem, wie wir unsere Welt anschauen.“
Alles anders ab Pfingsten
Pfingsten bedeutet, dass Gott den ganzen alten Mief vertreibt, die dicke Luft, die zwischen uns herrscht, zum Fenster hinausjagt.
Pfingsten bedeutet, dass Gott mit frischem Wind und neuen Ideen in unser Leben kommt und uns endlich ein Licht aufgeht. Wie es weitergehen kann mit unserer Welt, mit dem Zusammenleben mit unserem nahen und fernen Nächsten. Wie wir Konflikte bewältigen können, und welche Schritte wir gehen müssen, damit Frieden werden kann. Was wir tun müssen, - Tun, machen! Nicht rumreden, nicht zerreden! - damit es Zukunft gibt.
Pfingsten ist radikal. Gott treibt uns raus unserer Komfortzone, raus aus der Sicherheit, raus dem Vertrauten, hinaus in die Weite, wo wir uns dem Unsicheren stellen müssen, dem und den Fremden auch. Wo wir mit anderen Meinungen konfrontiert werden.
Besoffen von Frieden - abgefüllt mit Hoffnung
Wer weiß, vielleicht erscheint uns der Heilige Pfingstgeist 2019 in Gestalt der demonstrierenden Generation U-30...? Manche Bürger*innen haben damals auch weiterhin gesagt: "Die spinnen doch! Wie peinlich, besoffen schon morgens um zehn!" ... Naja, vielleicht waren die Jünger ja tatsächlich auch so etwas wie besoffen. Wie berauscht in einem guten Sinne. Besoffen von Frieden! Abgefüllt mit Hoffnung!
Dabei will ich mitmachen
Manche haben das nicht verstanden. Aber bei vielen anderen ist der Funke übergesprungen. Denen ist ein Licht aufgegangen. So heißt es in der Pfingstgeschichte, dass sich an dem Tag über 3000 Leute taufen ließen. Weil sie sagten: "An dieser Hoffnung möchte ich teilhaben. An dieser Botschaft von der Auferstehung - dass es noch längst nicht zu Ende ist mit unserer Welt, mit unserem Leben! Dabei will ich mitmachen. Das will ich umsetzen in meinem Leben, gemeinsam mit anderen!“
Eine Kirche, die in Bewegung bleiben muss, damit sie eine Bewegung bleibt
Pfingsten ist die Geburtsstunde der Kirche, die in Bewegung bleiben muss, damit sie eine Bewegung bleibt. Damit sie es sich nicht zu gemütlich macht in den alten Gemäuern des Vertrauten. Sondern damit sie rausgeht und von der Hoffnung erzählt, die darin gründet, dass Christus auferstanden ist!"
Begegung an Pfingsten
Am Pfngstsonntag und Pfingstmontag finden in den Kirchengemeinden der Propstei Lübeck und der Propstei Lauenburg viele Gottesdienste statt. Eine Übersicht für die Propstei Lübeck gibt es hier. Eine Übersicht der Gottesdienste an Pfingsten in der Propstei Lauenburg liegt hinter Markierung verlinkt. Infos zum ökumenischen Open-Air-Gottesdienst der ACK in Lübeck gibt es hier. Die Überschrift lautet "Vom Heiligen Geist geküsst".
Die neue Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, wird am Pfingstmontag in Schwerin in ihr Amt eingeführt. Alles Infos zum Gottesdienst mit anschließender Kaffeetafel gibt es hier.
Heiliger Geist wie Feuer und Wind
Was ist Pfingsten? Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Kräftig wie Feuer oder Wind wird er dargestellt. Erfüllt vom heiligen Geist fingen die Jünger an zu predigen „in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab“. Pfingsten – das ist der Geburtstag der Kirche. Viele Infos rund um die Sonn- und Feiertage im Kirchenjahr sind auf Kirchenjahr-evangelisch.de online gestellt.