In der Ratzeburger Paramentenwerkstatt werden liturgische Textilien hergestellt. 2014 feiert die ursprünglich lübsche Idee 60. Geburtstag. Eine Ausstellung in St. Marien läuft noch bis zum 01. Oktober 2014.
In der Ratzeburger Paramentenwerkstatt werden liturgische Textilien hergestellt. 2014 feiert die ursprünglich lübsche Idee 60. Geburtstag. Eine Ausstellung in St. Marien läuft noch bis zum 01. Oktober 2014.
Meistens sind sie zu zweit, arbeiten ganz in Ruhe, jede an ihrem Webstuhl. Zu ihren Füßen stehen Kisten mit Wolle. Leuchtende Farben, in fein abgestuften Nuancen. Faden um Faden fügen Kathrin Niemeyer und Marion Dreyer zu ihrem Werk. Ab und zu schweift ihr Blick aus dem Fenster über den Ratzeburger See. Ihre Werkstatt liegt im östlichen Kapitelhaus des Ratzeburger Domklosters.
Gegründet wurde die Paramentenwerkstatt aber vor 60 Jahren etwas weiter im Norden, in Lübeck. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Kirchen leer. Die Menschen hatten die Nazi-Zeit ausgeräumt und wollten den Kirchraum neu beleben.
Ingeborg Hildebrand, Gemeindehelferin an St. Jakobi in Lübeck, begann Antependien zu entwerfen. Nahezu alle Gemeinden Lübecks wollten diese Paramente haben. Mit den Jahren wuchs eine Werkstatt heran. Die brauchte allerdings Platz. Den hatte der Ratzeburger Dom. In die Räume, in denen lange Flüchtlinge untergebracht waren, zog die Paramentenwerkstatt nach einem siebenjährigen Zwischenstopp im Pfarrhof Ziethen ein. Ingeborg Hildebrand und Anneliese Österreich waren für Jahrzehnte die Gesichter und Hände der Werkstatt. Sie richteten ihr ganzes Leben nach der Arbeit ein, bezogen sogar selbst Wohnung im Domkloster. Anneliese Österreich lebt bis heute dort und nimmt Anteil an die Arbeit der heutigen Leiterin Kathrin Niemeyer.
Sie kommt jeden Tag zum Arbeiten in den Dom, wohnt etwas außerhalb. Die Begeisterung für ihr Handwerk aber ist gleich. Das Wort Parament kommt aus dem Lateinischen und deutet auf die Funktion der Textilien hin: parare – bereiten, Mensa - der Tisch bzw. Mentem - der Geist. Sie entstehen aus Wolle, die aus Schweden kommt. Viele Nuancen färben die Frauen selbst. Meterhoch liegen die Knäule in Regalen in einem eigenen Raum. Auf einem Gobelin-Webstuhl entstehen die Kunstwerke, immer individuell auf ihren späteren Bestimmungsort hin entworfen. Die Motive für die Antependien entwickelt Kathrin Niemeyer gemeinsam mit den Gemeinden und arbeitet hierbei auch mit freien Künstlern zusammen. Dafür schaut sie sich den Raum genau an, prüft Lichteinfall und bezieht andere Fixpunkte mit ein. Sie zeichnet einen kleinen Entwurf und eine Werkzeichnung, mit dem sie vor Ort die Wirkung prüft. Wenn sie an die Arbeit geht, muss der Weg klar sein. Denn für einen Quadratmeter braucht sie rund 100 Stunden.
Neben den Altarbehängen bietet die Werkstatt aber auch andere liturgische Textilien an. Marion Dreyer beherscht neben der Gobelinweberei das Handsticken. Eine aufwändige Stola hat sie zuletzt gearbeitet, Altartücher stickt sie ebenfalls.
Ab und zu bekommen die Frauen Besuch, dann wird es trubelig im ehemaligen Dormitorium des Domklosters. Immer wieder werden Menschen auf diese besondere liturgische Handarbeit aufmerksam und wollen die Werkstatt kennenlernen. Auf dem Flur gibt es eine kleine Ausstellung, ein Blick auf die Webstühle und ins Wolllager inklusive. Nur mit Anmeldung ist das möglich, denn Kathrin Niemeyer und ihre Kollegin brauchen Konzentration für ihre Arbeit. So sitzen sie meistens zu zweit, jede an ihrem Webstuhl und arbeiten ganz in Ruhe an den Behängen für den Tisch des Herrn.
Das Programm zum Jubiläum
Die Ratzeburger Paramentenwerkstatt feiert das 60-jährige Jubiläum mit Werkstattführungen am Sonnabend, 30. August 2014 um 16 Uhr und einem Festgottesdienst am 31. August um 10.15 Uhr im Ratzeburger Dom. Bischöfin Kirsten Fehrs hat die Schirmherrschaft übernommen. „Farbe bekennt“ lautet der Titel der Ausstellung über 60 Jahre kirchliche Kunst aus Ratzeburg in der Lübecker Marienkirche. Vom 7. September bis 1. Oktober 2014 werden Paramente aus Lübecker und anderen norddeutschen Kirchen gezeigt. Rund 30 Exponate werden liegend im Seitenschiff präsentiert. Eröffnet wird die Ausstellung „Farbe bekennt“ mit einem Gottesdienst am 7. September 2014 um 10 Uhr. Gehalten wird der Gottesdienst von Pastorin Annegret Wegner-Braun, und Hanns-Stephan Haas, Vorsitzender der Evangelischen Stiftung Alsterdorf. Organisiert wird die Ausstellung vom Förderkreis der Ratzeburger Paramentenwerkstatt. Der Eintritt dazu ist frei. Am Montag, 8. September 2014 gibt es um 20 Uhr eine Veranstaltung „Farbe und Kirche“ in der Briefkapelle von St. Marien.
Weitere Informationen zur Paramentenwerkstatt sowie das Jubiläumsprogramm gibt es hier.