Christine Rudolf ist die Fotografin der dritten Ausgabe des Kalenders, der auch für 2017 in einem ehrenamtlichen Kooperationsprojekt zugunsten der Kampagne „Sieben Türme will ich sehen“ entstanden ist.
Nur ein paar Stunden an einem nebeligen Februarmorgen hatte sie Zeit: Fotografie-Meisterin Christine Rudolf hat alles stehen und liegen gelassen, als sie sah, dass es in der Nacht geschneit hatte. Sie ist an die Wakenitz gefahren, hat sich in ein Hochhaus geklingelt und ist auf den Wäscheboden gestiegen. Im Gepäck ihre Kamera. „Da lag mir die Aegidienkirche in nebeligem Weiß vor den Füßen“, sagt Christine Rudolf. Sie hat eine Perspektive auf die Lübecker Innenstadtkirche gefunden, die selten ist. Von Osten her sieht man über die Dächer und Bäume hinweg. Das Bild strahlt Ruhe aus, ein friedlicher Blick auf die Kleinste unter den Großen.
Dieses Foto ist das Januar-Bild des Sieben-Türme-Kalenders 2017. Christine Rudolf ist die Fotografin der dritten Ausgabe des Kalenders, der in einem ehrenamtlichen Kooperationsprojekt zugunsten der Kampagne „Sieben Türme will ich sehen“ entstanden ist.
„Ich habe mich sehr gefreut, als die Anfrage kam und schnell zugesagt“, erinnert sich Christine Rudolf ein gutes Jahr zurück. Dann kamen die Flüchtlinge in Lübeck an und sie hätte auch hier gern ehrenamtlich geholfen. „Da standen dann auf einmal Steine gegen Menschen“, sagt sie heute. Sie hat sich in dem Moment für die Steine entschieden, ohne die Menschen zu vergessen. „Wenn wir Fremden eine neue Heimat bieten wollen, müssen wir diese auch erhalten. Dabei geht es um mehr als Steine und Fugen, es geht auch um die Inhalte“, so Rudolf.
Heimat, das sind für Christine Rudolf auch die Sieben Türme: Sie ist in Lübeck geboren, drumherum aufgewachsen, war beruflich und privat im Norden unterwegs. Seit 2000 lebt und arbeitet sie in der Hansestadt. Die Fotografin hat 2006 den Meisterbrief gemacht. Das Handwerk Fotografie begeistert sie bis heute. Christine Rudolf bezeichnet sich selbst als Minimalistin. Sie setzt in ihrer Arbeit auf unterschiedliche Kameras. Für den Sieben-Türme-Kalender hat sie mit einer Nikon und einer Hasselblad fotografiert. Auf Filter verzichtet die Fotografiemeisterin fast vollständig. Lediglich einen Polarisationsfilter nutzt sie, um unerwünschte Spiegelungen zu unterdrücken.
Wie etwa bei einem Bild vom Dom, der sich im Mühlenteich spiegelt. Eine bekannte Postkartenansicht, eigentlich. Christine Rudolf ging in die Knie und stellte den Türmen und ihren Doppelungen im Wasser fluffige Sommerwolken und grüne Seerosenblätter gegenüber. Heraus kam ein leichter und luftig anmutender Dom zu Lübeck.
Großen Wert legt Christine Rudolf auf das Motiv. „Ich suche nach dem Besonderen im Unspektakulären.“ So ein Bild gibt es auch im Sieben-Türme-Kalender 2017: Die Innenansicht der Bürgermeisterkapelle in St. Marien ist beeindruckend schön.
Eigentlich fotografiert sie Menschen in ihrem beruflichen Umfeld. „Ich bin Werbefotografin, arbeite im Geschäftskundenbereich und fotografiere Männer und Frauen in ihrem Arbeitsalltag. Die verschiedenen Typen, die unterschiedlichen Charaktere – dabei entsteht Interaktion, die mir unheimlich viel Spaß macht“, so Rudolf.
Persönlichkeit haben auch die Lübecker Innenstadtkirchen, findet die Fotografin. Der Dom zu Lübeck etwa sei mit seinen zwei Türmen erhaben. St. Jakobi hingegen empfinde sie als eine frische norddeutsche Kirche, die besonders gut vor einen wilden Himmel passt. Eine Lieblingskirche hat Christine Rudolf allerdings nicht. „Ich habe das Gefühl, die Kirchen stehen mir alle offen.“
Diese Offenheit trägt Christine Rudolf in sich. Um überraschende Perspektiven und andere Blickwinkel zu finden, fährt sie mit dem Rad durch die Stadt. Immer auf anderen Wegen geht es für sie um und über die Insel. „Ich habe einen inneren Perspektiven-Stadtplan, auf dem ich mir neue Orte eintrage“, sagt sie. Stimmen Wetter, Licht und Stimmung, fährt sie los. Egal, was dann gerade ansteht. So wie an diesem einen Morgen im Februar, an dem es in der Nacht zuvor geschneit hatte.
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