St. Lorenz, Travemünde: Kirchenwächterin aus Leidenschaft, 10.07.2016

Da sein, begrüßen und Fragen beantworten: Annemarie Kempfert macht sich jeden zweiten Sonntag im Monat auf den Weg in die Travemünder St.-Lorenz-Kirche. Von Mai bis Oktober sind die Wächter immer sonntags in der offenen Kirche.

Da sein, begrüßen und Fragen beantworten: Annemarie Kempfert macht sich jeden zweiten Sonntag im Monat auf den Weg in die Travemünder St.-Lorenz-Kirche. Von Mai bis Oktober sind die Wächter immer sonntags in der offenen Kirche.

Annemarie Kempfert gehört zum Team der Kirchenwacht. Ehrenamtlich engagiert sich die Rentnerin seit fünf Jahren. Drauf gekommen ist sie durch eine Kirchenführerin aus der Gemeinde. „Frau Hess hat gesagt: Annemarie, komm einfach mit“. Das hat sie auch gemacht und ist mit Leib und Seele dabei. Auf der Couch sitzen und den Tag ins Land gehen lassen, das ist nicht ihr Ding. „Die St. Lorenz-Kirche ist zu meinem zweiten Zuhause geworden. Hier gehöre ich hin“, sagt Annemarie Kempfert heute. Besonders schöne Momente bereitet ihr die Sonne. Je nach Tageszeit scheint sie durch die zahlreichen Fenster hinein und setzt immer wieder andere Akzente. „Manchmal ist dieses Strahlen überwältigend schön.“

Das Team der Kirchenwächter sucht nach Verstärkung. Vom Mai bis Oktober öffnet die Gemeinde die St. Lorenz-Kirche. Sie gilt als eine der ersten nachreformatorischen Kirchenbauten Deutschlands und ist berühmt für ihre reiche Deckenmalerei. „Travemünde ist ein Urlaubsort – wir wollen die Touristen aus möglichst vielen Ländern über unsere schöne Kirche informieren“, sagt Astrid Baar. Nicht nur die Bade- und Tagesgäste hat die Pastorin im Blick. Kreuzfahrtschiffe machen in Travemünde fest. Die meisten Gäste zöge es bei ihrem Landaufenthalt zu den sieben Türmen in die Lübecker Innenstadt. „Aber es sind erkennbar viele, die bewusst in Travemünde bleiben.“ Enge Gassen, schmucke Giebel und eben die St. Lorenz-Kirche erzählen heute noch viel von der Geschichte des ehemaligen Dorfes an der Mündung der Trave in die Ostsee.

Die Weite des Meeres vor der Haustür, vermittelt die kleine Kirche am Marktplatz den weltoffenen Geist der Seefahrer von damals. Wer dabei an Schiffe und maritime Motive denkt, liegt jedoch falsch. Seit Jahrhunderten haben Bürger Travemündes ihrer Kirche Ausstattungsgegenstände gestiftet. Der Altar etwa ist vom selben Künstler entworfen wie der in St. Jakobi. Die Kronleuchter blinken je nach Lichteinfall und sind ebenfalls Stiftungen. Tiefer Glaube und bürgerliches Engagement machen die Kirche aus. Und erinnern zugleich ein wenig an die Bürgerkirche St. Marien auf der Lübecker Altstadtinsel – kein Wunder. Sie ist historisch betrachtet Patronatskirche von St. Lorenz in Travemünde.

All das wissen die Kirchenwächter. Sie erzählen den Besuchern auf Nachfrage die kleinen und großen Geschichten. Ihr Wissen haben sie vom ehemaligen Kirchenvogt Otto Timmermann. Er hat von Kindesbeinen an um, an und mit der Kirche gelebt. Timmermann hat sein Wissen aufgeschrieben. „Seine Bücher gehören zur heimlichen Pflichtlektüre. Sie sind toll zu lesen“, sagt Annemarie Kempfert.

Manch einer, der die St. Lorenz-Kirche besucht, möchte aber gar keine Zahlen und Geschichten hören. „Viele wollen einen Moment innehalten und zur Ruhe kommen“, sagt Annemarie Kempfert. Das sieht die erfahrene Kirchenwächterin sofort und belässt es mit einem freundlichen Gruß. Diese Aufmerksamkeit für den Besucher ist dann auch die einzige Voraussetzung, um bei den Kirchenwächtern mitzumachen. „Wer offen und bewusst ist, ein paar Zahlen im Kopf und ein Gespür für Menschen hat, ist hier genau richtig“, sagt Pastorin Astrid Baar. Wer mitmachen möchte, wendet sich an die Gemeinde: Der einfachste Weg ist eine E-Mail an pastorin.baar@kirche-travemuende.de oder pastor.schmersow@kirche-travemuende.de.