Zieglinde ist bekannt wie ein bunter Hund – zumindest digital. Die freundliche Ziege ist aus Kunstharz gefertigt und steht für das facebook-Fotoprojekt „Freie Ziege Lübeck“ Modell.
Zieglinde ist bekannt wie ein bunter Hund – zumindest digital. Die freundliche Ziege ist aus Kunstharz gefertigt und steht für das facebook-Fotoprojekt „Freie Ziege Lübeck“ Modell. Seit fast fünf Jahren trabt Zieglinde durch die Lübecker Altstadt und erreicht jede Woche um die 25000 Menschen mit ihren kleinen Geschichten und den hochwertigen Fotos.
Immer wieder macht sich Zieglinde Halt an oder in den Lübecker Altstadtkirchen. Zuletzt hat sie die Ausstellung „Oben ohne? Wie die Lübecker ihre sieben Türme retteten“ in der Marienkirche besucht. Für die Macher hinter dem launigen Social-Media-Projekt keine einfache Entscheidung.
„Die „Freie Ziege Lübeck“ besticht durch Leichtigkeit und Fröhlichkeit. Die Ausstellung hingegen beginnt mit dem größten Schrecken, den diese Stadt in der Vergangenheit erlitten hat“, sagt Bastian Modrow. An Palmarum 1942 zerstörten britische Bomber in einem Vergeltungsschlag die Lübecker Altstadt. Mehr als 15 000 Lübecker wurden in dieser Nacht obdachlos, mehr als 300 starben. Die folgenden Kriegs- und Nachkriegsjahre brachten zudem immer mehr Menschen auf ihrer Flucht in die Stadt an der Trave. „Das passt eigentlich nicht mit unserem launigen Fotoprojekt zusammen“. Aber er hat sich die Ausstellung zusammen mit Lena Modrow angeschaut. Sie macht die Fotos, gemeinsam mit Peer Hellerling arbeitet das Trio dann an den kurzen Ziegen-Postings auf facebook. Im richtigen Leben sind sie Redakteure: Lena Modrow arbeitet bei nordkirche.de, Bastian Modrow schreibt für die Kieler Nachrichten und Peer Hellerling seit kurzem für die Hannoversche Allgemeine Zeitung. Ihr Herz schlägt für die alte Hansestadt. Für sie ist klar: Die Lübecker Innenstadtkirchen sind das Wahrzeichen und deshalb haben sie sich „Oben ohne?“ angeschaut. „Am Ende ist die Ausstellung positiv und macht Mut“, sind sich Lena und Bastian Modrow einig.
Denn bereits 1947 formierte sich ein großes Bündnis in der Stadt zur Rettung der Kirchen. Die Marienkirche wurde zu einem großen Symbol: lübsche Herzenssache, religiöses Leuchtfeuer und politisches Statement. 40 Jahre lange haben die Lübecker ihre Kirchen wieder aufgebaut. Seit 1987 steht die Altstadt Lübecks mit ihrer ganz besonderen Silhouette auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes. All das zeigt die Ausstellung „Oben ohne? Wie die Lübecker ihre sieben Türme retteten“.
An acht Stationen erwartet die Besucher vor allem historisches Bildmaterial. Wer heute durch die Altstadt spaziert, kann sich nicht mehr vorstellen, wie Lübeck lange Jahre ausgesehen hat. Erst zwischen 1956 und 1961 wurden die Turmhelme von St. Marien, dem Dom zu Lübeck und St. Petri gebaut. Die Ausstellung zeigt viel unbekanntes Bildmaterial aus verschiedenen Archiven. Dr. Karen Meyer-Rebentisch und Dr. Jan Zimmermann haben „Oben ohne?“ kuratiert. Markus Endreß hat die Ausstellung gestaltet. Die Kirchenbauhütte des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg hat „Oben ohne?“ einen eindrucksvollen Rahmen gegeben. Mehr als vier Meter ragen Baugerüste in die Höhe. Sie halten nicht nur die Ausstellungstafeln, sondern sind auch Symbol für die harte Arbeit über Jahrzehnte. Die Kirchenbauhütte des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg arbeitet seit 1951 an den Kirchen. Die Kriegsschäden sind zwar Geschichte, aber die Arbeit hört nicht auf. Vor einigen Jahren hat der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg die Kampagne „Sieben Türme will ich sehen“ ins Leben gerufen. Sie ist eine gemeinsame Aktion mit den Kirchengemeinden der Innenstadt, um die Türme auch künftig zu erhalten. St. Marien, der Dom, St. Aegidien, St. Jakobi und St. Petri bilden sind eine Dauerbaustelle.
Die Ausstellung „Oben ohne? Wie die Lübecker ihre sieben Türme retteten“ ist bis zum 5. Juni 2017 zu den Öffnungszeiten der Marienkirche zu sehen. Weitere Infos dazu gibt es auf der Internetseite der Mariengemeinde. Neben dem Marientaler wird kein weiterer Eintritt zur Ausstellung erhoben.