Vor 36 Jahren ist Johannes Ströh ins Pastorat an der Schwartauer Allee gezogen. Jetzt packt er seine Kisten, Kartons und Koffer. Pastor Ströh verlässt seine Kirchengemeinde St. Matthäi und geht in den Ruhestand.
Vor 36 Jahren ist Johannes Ströh ins Pastorat an der Schwartauer Allee gezogen. Jetzt packt er seine Kisten, Kartons und Koffer. Pastor Ströh verlässt seine Kirchengemeinde St. Matthäi und geht in den Ruhestand.
„Über 36 Dienstjahre in derselben Gemeinde im Dienst – und niemandem ist dabei langweilig geworden. Das muss man erstmal schaffen! Ich danke Pastor Johannes Ströh sehr für diesen Dienst.“, sagt Pröpstin Petra Kallies. Ob im Kirchenkreisrat oder der Gemeindediakonie – Johannes Ströh hat sich über die Gemeindegrenzen hinaus engagiert. In den letzten acht Jahren war Johannes Ströh auch stellvertretender Propst in Lübeck. „Er kann sehr aufmerksam zuhören, Kompliziertes gut zusammenfassen und klugen Rat geben, wenn das gewollt ist. Unsere regelmäßigen Gespräche werden mir fehlen. Ich wünsche ihm und seiner Frau Gottes Segen für den Ruhestand; und viel Freude an allem, wofür jetzt endlich Zeit ist.“
Am Sonntag, 5. Februar 2017 wurde er in einem Gottesdienst um 15 Uhr verabschiedet. "Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit scheint über Dir!" Dieses Bibelwort hat Pröpstin Petra Kallies in ihrer Ansprache über das Tun von Johannes Ströh gestellt. "Du bist ein umtriebiger Mensch, dem es gelingt, Menschen zusammenzubringen und sie für die Mitarbeit zu motivieren.", sagte Pröpstin Kallies. Menschen für den Glauben an Jesus Christus zu gewinnen, sie in ihrem Glauben zu stärken und dabei neue Wege zu gehen, sei immer Kern seiner Arbeit gewesen. "St. Matthäi hat im Chor der Lübecker Gemeinden einen ganz besonderen Klang. Einerseits klar pietistisch geprägt, aber dabei nie mit „exklusivem Dünkel“. Auch Gemeindeglieder, die nicht zur Kerngemeinde gehören, sprechen mit großer Wertschätzung von Dir.", so Kallies im Gottesdienst.
Ein paar Tage Urlaub hat er noch. „Ab März bin ich weg“, sagt Johannes Ströh. Ein halbes Jahr will er sich ausklinken. Doch der Theologe kann sich gut vorstellen, in Vertretung wieder auf die Kanzel zu steigen. Dass er gebraucht wird, steht außer Frage. „Die Pastorenzahl hat sich halbiert“, erinnert sich Ströh an seine Anfänge.
Überhaupt ist vieles anders geworden. Früher war die Matthäi-Gemeinde mit ihrer Kirche an der Schwartauer Allee und dem Gemeindehaus an der Westhoff-Straße mitten in einem Arbeiterquartier. „Die Menschen verdienten ihr Geld unten in den Werften“, so Ströh. Heute seien mehr als 50 Prozent der Wohnungen Single-Haushalte. In den kleinen Häusern und Wohnungen hätten früher sechs bis acht Menschen gewohnt. Heute sind es ein bis zwei, weiß Ströh.
Nicht verändert hat sich hingegen das Profil der Kirchengemeinde. Sie hat von Beginn an eine pietistische Prägung und versteht sich zugleich als Volkskirche. „Wir laden die Menschen zum Glauben ein und in die persönliche Beziehung mit Christus zu gehen“, so Ströh. Der Gottesdienst stehe seit jeher in der Mitte. Hauskreise und kleinere Gruppen schaffen zudem Austausch und Zeit für gemeinsames Gebet. „Gott begegnet uns als Person“, so Ströh.
Drei Schwerpunkte macht der Seelsorger rückblickend fest: In den ersten zehn Jahren habe er sich der Jugendarbeit verschrieben. Aus den Jugendlichen von damals sind ehrenamtlich Tätige geworden, die heute Verantwortung für die Gemeinde im Kirchengemeinderat übernehmen. Familienarbeit hat das zweite Jahrzehnt in St. Matthäi geprägt. „Für Eltern ist es unglaublich schwierig, Glauben und Alltag zusammenzubringen“, so Ströh. Er weiß, wovon er spricht. Denn zu ihm gehören seine Ehefrau und vier Kinder. „Ohne den besonderen Rückhalt meiner Frau wäre die Arbeit für die Gemeinde nicht möglich gewesen. Das tut gut und dafür bin ich sehr dankbar.“
Der dritte Schwerpunkt hat für Johannes Ströh vor 18 Jahren begonnen. Sein Amtsbruder Jens Peter Erichsen hat ihm von den ganz anderen Gottesdiensten der Willow Creek Gemeinschaft aus Chicago berichtet. Die beiden Theologen haben sich das Modell angeschaut. „Das haben wir dann aber auf die eigene Größe zugeschnitten“, so Ströh. Über ein Jahr haben die beiden Pastoren gemeinsam mit der Gemeinde an einem unkonventionellen Gottesdienst-Format gearbeitet. Ziel war und ist es, Menschen zu erreichen, die keinen Zugang zur Kirche haben. Herausgekommen ist der „08/16-Gottesdienst“. Drei bis viermal im Jahr spannen die Ehrenamtlichen das große weiße Segel in St. Matthäi auf, leuchten die Kirche aus und sagen „Willkommen“. Mit provokanten Themen, mit schmissiger Musik – ohne Liturgie und ernster Miene. „Jeder kann hierher kommen, so wie er ist.“ Und das funktioniert. Bis zu 300 Besucher hat der 08/16-Gottesdienst und damit drei Mal so viele wie an einem normalen Sonntag. Das liegt sicher auch daran, dass nach dem Segen nicht Schluss ist. Es gibt einen Imbiss und viel Zeit zum Gespräch, zur ungezwungenen Begegnung. Der 08/16-Gottesdienst liegt Johannes Ströh sehr am Herzen.
Genau wie die Weite der Ostsee – dorthin zieht er zusammen mit seiner Frau. Zeit füreinander, die Kinder, die Enkel und jede Menge Natur warten auf den Pastor, wenn er seine Kisten, Kartons und Koffer ausgepackt hat.