St. Petri, Lübeck: Taschen aus Plane beim Kunsthandwerkermarkt, 18.12.2016

Groß, klein, nass oder schwer: In den Taschen von Gitta Klenner-Wacker und Gisela Kähler ist Platz für alles. Sie haben aus alter Gerüstplane Taschen in verschiedenen Größen genäht. Die Plane hatten die Lübecker lange vor Augen. Sie hing am Gerüst des Petriturms.

Groß, klein, nass oder schwer: In den Taschen von Gitta Klenner-Wacker und Gisela Kähler ist Platz für alles. Sie haben aus alter Gerüstplane Shopper, Beutel, Täschchen in unterschiedlichen Größen genäht. Die Plane hatten die Lübecker lange vor Augen, denn sie hing am Gerüst des Turms der Lübecker Petrikirche. Statt im Müll zu verschwinden sind schöne und praktische Unikate entstanden. Beim Kunsthandwerkermarkt in St. Petri werden die Taschen am Stand der Kampagne „Sieben Türme will ich sehen“ verkauft.

Das große Auge war wohl das markanteste Bild auf dem kunstvoll bedruckten Meshgewebe. „Dieses Auge wollen die Leute gern auf ihrer Petritasche haben“, lacht Gitta Klenner-Wacker. „Die Plane mit dem Auge ist aber riesig gewesen, auf eine Tasche bekommen wir maximal eine Wimper.“ Zusammen mit Gisela Kähler näht sie bereits seit vielen Jahren Taschen und bietet sie auf Märkten an. Für diese Saison hatten sie nach einem neuen Hingucker gesucht. Über einen Artikel in der Zeitung sind sie auf die Versteigerungsaktion der Gerüstplane von St. Petri aufmerksam geworden. Die Frauen ersteigerten ein paar Meter und fingen an.

Was sie da vor sich hatten, ahnten sie nicht. Den Baustellendreck abzuwaschen war rückblickend nur einer von vielen anstrengenden Arbeitsschritten bis zu einer Tasche. Das Meshgewebe war an einigen Stellen brüchig oder geknickt und damit nicht geeignet. Scheren wurden stumpf, das Gewebe verzog sich, Nadeln rutschten ab. „Das Gewebe ist scharf, wir hatten oft blutige Hände“, erinnert sich Gitta Klenner-Wacker. Als die ersten Taschen fertig waren, konnten sich die beiden Frauen vor Anfragen kaum retten. „Die Männer wollen das Backsteinmuster, die Frauen können sich eher für die schönen Farbverläufe begeistern.“

Über Dr. Bernd Schwarze, Pastor an St. Petri, kam diese außergewöhnliche Idee zum Team der Kampagne „Sieben Türme will ich sehen“. Daraus ist eine Kooperation geworden. Die Frauen aus Lübeck bekamen den Auftrag, 200 Taschen zu nähen. Die Kirchenbauhütte lieferte die Gerüstplane in den Garten von Gitta Klenner-Wacker. Seitdem dreht sich für die beiden Lübeckerinnen alles um die Petritaschen.

Jede Tasche ist ein Unikat – was abgedroschen klingt, hat die Frauen sehr beschäftigt. „Kein Stück Meshgewebe ist wie das andere“, sagt Gisela Kähler. „Wir haben immer wieder überlegt und nachgebessert.“ Ein Beispiel: Etwa nach 100 Taschen hatten die Frauen die Idee, den Henkel nicht auf sondern in den Bruch einzunähen – weil es gefälliger aussieht.  Beide Frauen legen Wert auf die Kleinigkeiten. Innentaschen, Applikationen oder kleine Aufnäher sind aus den Resten entstanden. Schmale, lange Stücke werden zu Henkeln vernäht.

Diese Liebe für Details liegt den Frauen im Blut. Gitta Klenner-Wacker ist gelernte Herrenschneiderin, Gisela Kähler Uhrmachermeisterin. Kennengelernt haben sie sich 1976. Beide haben für die Gästebetreuung im Auftrag der Hansestadt Lübeck gearbeitet. „Das waren tolle Jahre, in denen wir den internationalen Gästen auch immer mal wieder die Innenstadt gezeigt haben“, erinnert sich Gitta Klenner-Wacker. Über die Freude am Nähen haben sie sich wiedergefunden. Das Gerüstplanen-Projekt ist für das Schneiderinnen-Duo etwas sehr besonderes.

„Wir freuen uns, dass wir mit unseren Taschen auch etwas Gutes für den Erhalt der Sieben Türme und unsere Stadt tun können“, sagt Gisela Kähler. Beim Kunsthandwerkermarkt in St. Petri werden die Taschen für 20 Euro verkauft, fünf Euro davon gehen direkt an die Kampagne „Sieben Türme will ich sehen“. Der Kunsthandwerkermarkt ist vom 24. November 2016 bis 18. Dezember 2016 geöffnet.
Wie aus dreckiger Gerüstplane moderne Taschen werden, zeigt diese Bildergalerie.