Durchschnittlich 150 Anrufe pro Jahr kommen am No-Mobbing-Telefon an. Vor 20 Jahren wurde das Angebot des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt ins Leben gerufen. Derzeit haben acht Ehrenamtliche ein offenes Ohr für die Fragen und Anliegen der Anrufer. Mit den Jahren ist eine regelmäßige Gesprächsgruppe unter fachlicher Leitung entstanden und bei Bedarf bieten die Ehrenamtliche auch Einzelberatung an. Außerdem sind sie aufgrund ihrer Erfahrung gefragte Referenten in klein- und mittelständischen Unternehmen und Institutionen – nicht nur in Lübeck und Umgebung.
Vor 20 Jahren: Drängende Probleme am Arbeitsplatz
Das Sorgentelefon für die Arbeitswelt ist nach kurzer Planungsphase 1999 an den Start gegangen. Erst kurz zuvor hatte das Phänomen des geplanten Schikanierens von Kollegen oder Mitarbeitern in schwedischen Studien einen Namen bekommen. Gunda Lampe hatte zu dem Zeitpunkt für „Frau & Beruf“ Beratungsangebote für den Wiedereinstieg für Frauen in den Beruf entwickelt und umgesetzt. „Wir sind damit nicht nur in Lübeck sondern auch in der Fläche unterwegs gewesen“, erinnert sie sich in die 1990er Jahre zurück. Eine andere Zeit: Die Arbeitslosenquote bewegte sich zwischen 9 und elf Prozent. In den Betrieben herrschte ein anderes Klima, viele Menschen hatten Angst um ihren Arbeitsplatz. „Die Frauen kamen zunehmend mit Problemen am Arbeitsplatz zu uns“, sagt Gunda Lampe.
No-Mobbing-Telefon als niedrigschwelliges Angebot
Der KDA, die Gewerkschaften und Beratungseinrichtungen haben sich im Arbeitskreis „No Mobbing“ zusammengetan und als erste Reaktion auf die drängenden Probleme ein niedrigschwelliges Angebot eingerichtet: Die Hotline 0451/84040 wurde von Beginn an angenommen. Zwar hat sie ihren Sitz in Lübeck und das Netzwerk des Arbeitskreises „No Mobbing“ ist in der Region aktiv. Aber die Anrufe kommen aus dem gesamten Gebiet der Nordkirche, aus Niedersachsen, vereinzelt aus Bayern. „Sogar aus Lyon in Frankreich hat sich einmal jemand gemeldet“, erinnert sich Asmus Schultner, der regelmäßig dienstags am Telefon sitzt.
Von Anfang an langfristig angelegt
„Es hat sich ausgezahlt, dass wir das No-Mobbing-Telefon nicht als Projekt sondern als langfristige Maßnahme angelegt haben“, sagt Rüdiger Schmidt, Leiter der KDA Lübeck. Betroffene bekommen viele Hilfen an die Hand. Durch die Arbeit am Thema Mobbing hat der Arbeitskreis unter dem Dach des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt/Lübeck ein Netzwerk aufgebaut, von dem auch die Anrufer profitieren. „2012 haben wir eine Umfrage bei Lübecker Arbeitgebern gemacht“, sagt Dr. Peter Hendrikson. Aufgrund dieser Ergebnisse, vieler Gespräche und ihrer eigenen beruflichen Qualifikationen haben die Ehrenamtlichen ein großes Wissen zum Thema Mobbing, das sie als Referenten weitergeben.
Schwerpunkt Konfliktmanagement
„Das Wort Mobbing hat ein schlechtes Image und wird im Unternehmenskontext nicht gern benannt“, weiß Ulrich Dombrowski. Auch deswegen legen die Ehrenamtlichen des KDA nun einen Schwerpunkt auf Konfliktmanagement. „Konflikte sind unvermeidbar und können zum systematischen Schikanieren führen“, sagt Ulrich Dombrowski. Der Umgang, Strategien und Wege aus dem Konflikt – sich damit zu beschäftigen, sorge bereits dafür, dass Mobbing in Unternehmen nicht mehr so leicht möglich sei.
"Mit ist Fairness im Miteinander wichtig."
Gunda Lampe, Asmus Schultner, Dr. Peter Hendrikson und Ulrich Dombrowski: Sie alle engagieren sich ehrenamtlich und bringen durch ihre Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung Beratungskompetenzen mit. Sie haben in der Industrie, öffentlichen Verwaltung oder in kirchlichen Bezügen gearbeitet. Warum geben sie ihre freie Zeit für andere Menschen her? „Mir ist die Fairness im Miteinander wichtig“, sagt Peter Hendrikson. „Wenn das einreißt, dann rüttelt das an den Grundfesten unserer Demokratie.“ Asmus Schultner war Vertrauensmann und hat viel Hilflosigkeit gesehen. „Ich möchte auch im Ruhestand den Menschen Handwerkszeug mitgeben, damit sie kein Opfer mehr sein müssen.“ Auch Ulrich Dombrowski ist es ein Anliegen, Menschen zu stärken. „Sie sollen wissen, dass hier Leute sind, die hinter ihnen stehen.“
Neuer Flyer und überarbeitete Homepage
Gunda Lampe ist heute Ausbildungsleiterin bei der Hansestadt Lübeck. „Es hat sich vieles verändert. Nicht nur die Lage auf dem Arbeitsmarkt“, sagt sie. „Die Arbeitgeber stellen sich anders auf. Viele wollen ihre Fachkräfte langfristig an die Unternehmen binden. Oft geht dieser Wandel mit einem Generationenwechsel auf der Führungsebene einher“, sagt sie.
Im 20. Jahr hat der Arbeitskreis „No Mobbing“ einen neuen Flyer aufgelegt. „Konflikte am Arbeitsplatz“ informiert auf einen Blick über das Angebot und Unterstützungsmöglichkeiten der No-Mobbing-Arbeit in und um Lübeck. Außerdem ist die Internetseite www.nomobbing.de überarbeitet. Kontakte, Termine sowie viele nützliche Infos rund um das Thema gibt es dort.