Lübeck. Am 10. September wird weltweit an die Suizidprävention erinnert. Für die TelefonSeelsorge Lübeck ist dieser Tag ein wichtiger Anlass. „Die Suizidprävention ist fester Bestandteil unserer Arbeit“, sagt Pastor Frank Gottschalk, Leiter der Lübecker TelefonSeelsorge.
Alarmierend hohe Zahl von Suiziden
Die Zahlen seien alarmierend, betont er. „Trotz zahlreicher Hilfsangebote bleibt die Zahl der Suizide in Deutschland seit zwei Jahrzehnten relativ konstant – und zuletzt ist sie sogar wieder leicht gestiegen.“ 2023 nahmen sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 10.304 Menschen das Leben. „Damit sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Drogen oder Gewalttaten zusammen“, erklärt Gottschalk. Besonders betroffen seien Männer: 72,6 Prozent der Fälle.
Hinzu komme eine kaum weniger erschütternde Zahl: Jedes Jahr gibt es in Deutschland über 100.000 Suizidversuche. „Diese Zahl macht deutlich, wie viele Menschen sich in einer tiefen Krise befinden – und wie dringend es ist, dass sie Gehör finden“, so Gottschalk. „Hinter all diesen Zahlen stehen immer Menschen, die am Leben verzweifeln. Und wir dürfen sie mit dieser Verzweiflung nicht alleinlassen.“
Eine lange Tradition in Lübeck
Die Wurzeln der TelefonSeelsorge reichen in die Nachkriegszeit nach England zurück, 1956 wurde die erste deutsche Stelle in Berlin gegründet, 1961 folgte Lübeck. „In der Anfangszeit war das Sorgentelefon nur stundenweise besetzt – und das in einem Gartenhäuschen. Das mag man sich heute kaum vorstellen“, erzählt Gottschalk. Heute arbeiten in Lübeck mehr als 70 Ehrenamtliche. Bundesweit sind es rund 7.900.
Allein 2024 nahmen sie mehr als 1,3 Millionen Anrufe entgegen. „Über 22 Prozent unserer Gespräche drehen sich um Einsamkeit“, sagt Gottschalk. „Mehr als 60 Prozent der Anrufenden leben allein. Über 35 Prozent teilen uns mit, dass sie mit einer psychischen Erkrankung leben. Und mehr als sechs Prozent sprechen offen über Suizidgedanken. Das sind erschütternde Zahlen.“
„Schon Zuhören kann Hoffnung schenken“
Gerade deshalb ist das Zuhören entscheidend. „Menschen mit Suizidgedanken können bei uns offen über ihre Gefühle sprechen – ohne bewertet zu werden“, betont Gottschalk. „Wir geben Ängsten Raum. Wir vertrösten nicht. Aber wir hören zu und halten mit aus.“ Schon ein Gespräch könne Hoffnung schenken: „Manchmal ist es einfach die Möglichkeit, in geschützter Anonymität alles auszusprechen. Da wächst dann ein zartes Pflänzchen neuer Lebensmut.“
In akuten Fällen gehe die Hilfe auch über das Zuhören hinaus: „Wenn jemand in akuter Gefahr ist und uns freiwillig seinen Namen und seinen Aufenthaltsort nennt, rufen wir für ihn den Notruf. Oft bleiben wir so lange am Telefon, bis die Rettung eintrifft.“
Neue Ehrenamtliche gesucht
Um dieses Angebot zu sichern, sucht die TelefonSeelsorge Lübeck Verstärkung. „Das Ehrenamt hier ist zutiefst sinnvoll und erfüllend“, sagt Gottschalk. „Aber es braucht Lebenserfahrung, Empathie, Offenheit – und auch eine gewisse eigene Stabilität.“ Im Herbst 2025 startet ein neuer Ausbildungskurs. Interessierte können sich bis Ende September unter Tel. 0451/30 24 81 oder per Mail an fgottschalk@kirche-LL.de melden.