Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Synode in Mölln: Die Themen und Beschlüsse

Synodenpräses Katrin Thomas (Mitte) mit (v.l.) Politologe Steffen Paul, Dr. Sönke Lorberg-Fehring (Beauftragter für Christlich-Islamischen Dialog, Nordkirche), Joachim Nolte (Rechtsextremismus-Beauftragter, Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg), Nicolas A. S. Moumouni (Referent für Interkulturelle Kirchenentwicklung, Nordkirche) Copyright: Annkathrin Bornholdt

Mölln. Bei ihrer 6. Sitzung hat sich die III. Synode des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg am Sonnabend intensiv dem Schwerpunktthema “Kirche und Rechtsextremismus” gewidmet. In Vorträgen und Rhetorik-Übungen ging es um die Auseinandersetzung mit Populismus, Extremismus und Rassismus. Im zweiten Teil der Sitzung wurde der Zukunftsprozess des Kirchenkreises diskutiert. Die Synodalen berieten über wichtige Weichenstellungen.

Schwerpunkte Rechtsextremismus und Zukunftsprozess

Die Synode hatte sich viel vorgenommen: Neun Stunden dauerte ihre Tagung am 28. Juni 2025 im Möllner “Quellenhof”. Das Schwerpunkt-Thema “Kirche und Rechtsextremismus” war bereits seit langer Zeit gesetzt. Hinzu kam der Zukunftsprozess des Kirchenkreises, der neben anderen Tagesordnungspunkten im Verlauf des Nachmittags für Diskussionen und Nachfragen sorgte.

Mit der “Expedition Kirche" hat der Kirchenkreis einen Prozess angeschoben, der dafür sorgen soll, dass Kirche trotz notwendiger tiefgreifender struktureller Veränderungen langfristig lebendig und handlungsfähig bleibt. In einer Präsentation wurde erneut die kritische Finanzsituation vieler Kirchengemeinden erläutert. Demnach übersteigen die benötigten Rücklagen für Gebäude und Personalkosten bereits jetzt die Einnahmen durch die Kirchensteuern erheblich.

Grundidee einer “Kirche im Kontext”

Eine Idee zum langfristigen Erhalt der kirchlichen Arbeit, ist die Vision “Kirche im Kontext”, nach der sich Kirche noch mehr als bisher an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientiert. Nach dieser Idee gibt es eine öffentlich-rechtliche Körperschaft auf Kirchenkreisebene, die Rechtsnachfolgerin aller Kirchengemeinden des Ev.-Luth. Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg sein soll. Die Kirchengemeinden sollen selbst keine öffentlich-rechtlichen Körperschaften mehr sein, aber weiterhin Körperschaften des Kirchenrechts. Somit lägen beim Kirchenkreis sämtliche, auch staatlich vorgeschriebenen Rechte und Pflichten und bei den Kirchengemeinden die Verkündigung des Evangeliums sowie alle weiteren inhaltlichen Aufgaben, die Kirche ausmachen. 

Antrag an die Landessynode beschlossen

Damit die Kirchenkreissynode einen Beschluss für diesen Schritt einleiten kann, bedarf es einer Rechtsgrundlage, die durch die Landessynode der Nordkirche geschaffen werden muss. Ein entsprechender Antrag an die Landessynode zur Prüfung dieses Weges wurde in die Kirchenkreissynode eingebracht und mit großer Mehrheit bei neun Gegenstimmen angenommen. 

Dem vorausgegangen waren zahlreiche Wortbeiträge, in denen die Synodalen ihre Sorgen und Gedanken in Bezug auf die “Expedition Kirche” vortrugen. Bedeutet die Idee die “Abschaffung der ländlichen Kirchengemeinden”? Was passiert mit den Ehrenamtlichen vor Ort und ihren Entscheidungsbefugnissen? Kann der Kirchenkreis die Verwaltungsaufgaben stemmen?

Informationsveranstaltungen vor Ort

“Es gibt viel Klärungsbedarf”, so Synodenpräses Katrin Thomas. Sie wies noch einmal auf die Informationsveranstaltungen für Kirchengemeinderäte, Mitarbeitende und Gremien-Mitglieder hin, die bereits stattgefunden haben. Auch in den kommenden Monaten werde es darum gehen, über die “Expedition Kirche” und die Vision “Kirche im Kontext” vor Ort in den Austausch zu gehen. 

Propst Philip Graffam betonte: “Mit dem Antrag an die Landessynode wollen wir zunächst prüfen lassen, ob dieser Weg für uns möglich ist.” Er unterstrich, dass es darum geht, die Kirchengemeinden von Aufgaben zu entlasten und angesichts sinkender Kirchensteuer-Einnahmen handlungsfähig zu bleiben. 

Mit der Realität umgehen

"Sie müssen sich der Realität" stellen", appellierte der Synodale Kai Schröder an die Mit-Synodalen. Viele Kirchengemeinden seien schon jetzt nicht mehr "lebensfähig", es könnten Zwangsfusionen drohen, sollten Gemeinden nicht zahlungsfähig sein. 

Nachfragen gab es auch zur neuen Projektleitungsstelle für die “Expedition Kirche”. Diese war im März im Eilverfahren vom Kirchenkreisrat eingerichtet worden, um die zahlreichen Aufgaben und Themen rund um den Zukunftsprozess frühzeitig zu bündeln. Die Stelle wird aus den Struktur- und Innovationsfonds des Kirchenkreises finanziert. Stelleninhaber ist Holger Wöltjen. Die Synode bestätigte die Einrichtung der Stelle einstimmig.

Beschlüsse zu “segensreich” und Pfarrsprengel-Bildung

Weitere Themen waren der Pfarrstellenplan für die Servicestelle “segensreich” sowie die Gründung eines Pfarrsprengels mit Einrichtung einer Diakonenstelle für besondere Dienste im Ratzeburger Land. Die Anträge wurden einstimmig angenommen. Ebenfalls beschlossen wurde die befristete Aussetzung der Förderrichtlinien des Kirchenkreises. Dabei geht es darum, große finanzielle Aufgaben wie bestimmte Bauvorhaben zu vermeiden, bis der weitere Verlauf des Zukunftsprozesses klar ist.

Die Synodensitzung ist auf dem YouTube-Kanal des Kirchenkreises in voller Länge abrufbar. 

Kirche und Rechtsextremismus

Im Rahmen der Synode fand, organisiert und vorbereitet von Joachim Nolte, Beauftragter gegen Rechtsextremismus, eine etwa vierstündige intensive Arbeitsphase zum Verhältnis von Kirche und Rechtsextremismus statt. Anlass ist das Projekt “Erinnern für die Zukunft”, das Nolte zum 80. Jahrestag des Kriegsendes initiiert hatte, sowie der Grundsatzbeschluss der Synode vom September 2024, “der Demokratiefeindlichkeit und rechten Gruppen entschieden entgegen zu treten”.

In einem interaktiven Einstieg erfasste Pastor Dr. Sönke Lorberg-Fehring, Beauftragter für den Christlich-Islamischen Dialog der Nordkirche, mithilfe der Software “Mentimeter” Erfahrungen und Einschätzungen der Synodalen zu rechtsextremen Äußerungen im Alltag und stimmte die Anwesenden so auf das anspruchsvolle Thema ein.

Rechtsextreme Denkweisen verstehen

Der Politikwissenschaftler und Kommunikationsexperte Paul Steffen beleuchtete im weiteren Verlauf der Sitzung die Denkweisen des Rechtsextremismus. Er erläuterte die Begriffe Stereotyp, Vorurteil und Feindbild und betonte, dass “Social Media ein Brandbeschleuniger von Vorurteilen sei”. Anhand der AfD zeigte er auf, wie politische Akteure Feindbilder gezielt nutzen und grenzte zudem Rechtspopulismus und Rechtsextremismus voneinander ab.

Transkulturelle Kirche gestalten

Im Fokus des Vortrags von Dr. Lorberg-Fehring stand die Frage, wie Kirche mit dem Erstarken völkisch-nationalistischer Strömungen umgeht. “Parteien wie die AfD berufen sich – ebenso wie wir – auf christliche Überlieferungen. Genau hier liegt eine doppelte Herausforderung für Kirche.” Er forderte Selbstreflexion und aktive Gestaltung von Kirchen als “Anders-Orte”, die Transkulturalität vorleben und emotionale Zugänge stärken. “Wir müssen besser werden, wir müssen uns auch sagen können, wenn etwas nicht so gut läuft und uns im Zweifel auch mal jemanden holen, der von außen darauf guckt, was besser gemacht werden kann”, so Dr. Lorberg-Fehring. 

Inklusion statt Ausgrenzung

Nicolas A. S. Moumouni, Referent für interkulturelle Kirchenentwicklung, lenkte den Blick nach innen: “Wo handeln wir in der Kirche bewusst oder unbewusst ausgrenzend?” Seine Beiträge thematisierten strukturellen Rassismus in kirchlichen Kontexten und die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen. Ziel sei eine zukunftsfähige, inklusive Kirche als “Safer Space”.

Abschließend leitete Paul Steffen einen Themenblock mit Rhetorikübungen, Tipps zum Umgang mit rassistischen Äußerungen und Reflexionen über die Erfahrungen aus den Rhetorikübungen.