Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Ein Blick zurück: Das hat mich 2025 besonders bewegt


Was war 2025 für ein Jahr? Persönlich oder beruflich, ein gutes oder ein schlechtes? Was war schön, was weniger? Welche Erinnerungen und Gefühle bleiben? Acht Menschen aus dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg erinnern sich an ganz unterschiedliche Ereignisse, die für sie mit diesem Jahr in Verbindung stehen. Gedanken und Bilder.

Was von 2025 in Erinnerung bleibt 

Philip Graffam, Propst 

2025 war für unseren Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg ein Jahr, in dem aus einer Idee ein gemeinsamer Weg wurde. Als wir im Frühjahr die Skizze “Kirche im Kontext – eine Vision für die Zukunft” in die synodalen Gespräche eingebracht haben, ging es um eine einfache, aber unbequeme Einsicht: Kirche bleibt nur lebendig, wenn sie sich konsequent an den Lebenswelten der Menschen orientiert – und weniger an Gebäuden, Zuständigkeiten und vertrauten Sicherheiten.

Die Sommersynode am 28. Juni 2025 in Mölln wurde zum ersten großen Resonanzraum. Neben dem intensiven Schwerpunkt “Kirche und Rechtsextremismus” rangen wir im zweiten Teil der Tagung um unseren Zukunftsprozess “Expedition Kirche”. Viele Fragen lagen offen: Was bedeutet “Kirche im Kontext” für Ehrenamt, Entscheidungsspielräume und die Präsenz vor Ort? Gerade diese Nachfragen waren kostbar – weil sie gezeigt haben, wie ernst Synodale, Gemeinden und Mitarbeitende diesen Prozess nehmen. Am Ende beschloss die Synode mit großer Mehrheit, die Landessynode der Nordkirche um einen Prüfauftrag zu bitten: zu klären, ob der Kirchenkreis Rechtsnachfolger aller Kirchengemeinden werden kann, damit Rechte und Pflichten gebündelt werden – und vor Ort mehr Raum für Verkündigung und Seelsorge entsteht.

Für mich persönlich war der nächste Schritt am 21. November 2025 in Travemünde bewegend. Den Prüfantrag in die Landessynode einzubringen, hieß, unsere Sorgen und Hoffnungen öffentlich zu vertreten – im Wissen, dass es Zustimmung, Irritation und Widerspruch auslöst. Und genau darin liegt die Chance: “Kirche im Kontext” ist kein fertiger Masterplan, sondern ein Lernprozess. 2025 hat uns gelehrt, mutig zu fragen, ehrlich zuzuhören und gemeinsam zu gestalten. Ich lerne, Zweifel auszuhalten, Verantwortung zu teilen und Gottes Zusage zu trauen.

Oliver Erckens, Pastor

Junge Menschen können feiern und gleichzeitig geht es ihnen nicht gut. Das so präzise auf den Punkt zu bekommen, hat mich in 2025 bewegt: Im März haben wir Pastorinnen und Pastoren uns bei einem Treffen mit den Sorgen junger Menschen im Alter von 14 bis 29 Jahren beschäftigt. Die Fachstelle im Kirchenkreis hat viele Informationen und Studien zusammengetragen: Jungen Menschen in Deutschland geht es nicht gut. Sie haben Sorge vor Inflation, Krieg und der Spaltung der Gesellschaft. Sorgen und Nöte, die sie direkt betreffen in ihrem Alltag: Beim Einkaufen, beim Thema Wohnraum oder wenn sie an ihre eigene Zukunft nach der Schulzeit denken: Kann sich meine Familie den Urlaub leisten? Können wir und genug zum Essen leisten – auch am Ende des Monats? Müssen wir umziehen, weil die Wohnung zu teuer wird? Muss ich Wehrdienst leisten? Darüber steigt die psychische Belastung junger Menschen erheblich. 

In der gemeinsamen Arbeit in der Konfi- und Jugendarbeit im Mariensprengel begegnen mir diese Fragen und diese Belastung dann ganz konkret und im gesamten Querschnitt der Gesellschaft. Und gleichzeitig erlebe ich, welche enorme Widerstandfähigkeit und welche Hoffnungskraft die jungen Leute mitbringen. Indem sie sich für andere einsetzen, Tage und Freizeitgen gestalten, Beteiligung ermöglichen, wachsen sie über sich hinaus. Schaffen Räume, in denen Sorgen sein dürfen und in denen gefeiert werden kann: Gott, das Leben und sich selbst. Am konkretesten wurde mir das auf der Woche Konfi-Camp deutlich. In einer Andacht mit anschließender Silent-Disco gab es beide Wege: Das zu sich und Gott kommen. Meditieren. Sich Gott anvertrauen. Und dann, ausgelassen das Leben und die Gemeinschaft mit Gott zu feiern. Hier ist auch das Bild entstanden. 

Das wünsche ich mir und uns für das kommende Jahr: Dass wir allen Grund zur Hoffnung auf eine gute Zukunft haben und uns Gott gesehen und angenommen wissen.

Byrthe Kröncke-Schultz, Referentin von Propst Graffam, und Jochen Schultz, Leiter Dienste & Werke

Und dann: Wir entscheiden uns, abzulegen. Leinen los. Unser Kurs führt von Neustadt nach Flensburg. Vor uns liegen ziemlich genau 100 Seemeilen, für die wir in etwa 24 Stunden brauchen werden. Unter Segeln sind wir unterwegs. Hinter der Fehmarnsundbrücke geht die Sonne unter. Wir fahren gespannt in die Nacht. 

Nach und nach beginnen Leuchtfeuer zu blitzen, wir sehen Leuchttürme blinken. Heute, als wir diese Erinnerung kurz vor Weihnachten aufschreiben, denken wir: Könnte es so den drei Weisen auf dem Weg nach Bethlehem gegangen sein? 

Es ist der 1. Juli, Mittsommer erst eine Woche her, und es ist sternenklar. Mond und Sterne sorgen für Rest-Licht. Am Horizont bleibt bis zum Morgen ein warmer Schimmer, ein Silberstreif. In dieser Nacht wird es nicht dunkel. An Bord denkt niemand an Schlafen. Jeder Augenblick ist Gold wert. Hier draußen, auf See in der nicht finsteren Nacht, fühlen wir beide uns eins mit dem Großen und Weiten. Es rückt sich zurecht und weitet sich, was sonst beengt, ja ängstigt. Ruhe breitet sich in uns aus, eine Erinnerung an so etwas wie Urvertrauen. 

Am Morgen legen wir beglückt in Flensburg an und sind erfüllt von diesem Jahres-Highlight. 

Es leuchtet immer noch…

Ulf Kassebaum, Leiter des Diakonischen Werks in Ratzeburg

Neben vielen schönen, berührenden und auch aufwühlenden Momenten im Diakonischen Werk – in Begegnungen und Gesprächen mit Menschen, die bei uns Unterstützung und Gemeinschaft suchen, sowie mit Mitarbeitenden und Kooperationspartnern – gab es für mich 2025 eine ganz besondere Erfahrung. Ich durfte einen Perspektivwechsel erleben und am eigenen Leib spüren, wie wertvoll ein tragendes Netz ist.

Mitten im Büroalltag ging plötzlich, nach einem medizinischen Vorfall, gar nichts mehr. Dank des schnellen Einsatzes von Rettungsdienst und Feuerwehr (ein besonderes Dankeschön den kräftigen Helfern, die mich so fürsorglich aus dem 3. Stock hinuntergetragen haben) sowie dem engagierten Team im Krankenhaus verbesserte sich mein Zustand nach einigen Wochen langsam wieder.

Da ich überzeugt bin, dass Gesundwerden und Arbeiten nicht unbedingt ein “Entweder-oder” sein müssen – zumal Bandscheibenvorfälle nach ärztlicher Aussage zum Glück nicht ansteckend sind –, war ich bald zurück im Dienst. Allerdings unter anderen Vorzeichen: Für mehrere Monate auf Unterstützung, Verständnis, aufbauende Worte und nicht zuletzt auf Mitfahrgelegenheiten angewiesen.

Belastbarkeit vermindert, großer Bewegungsdrang und was die Sitzungsdauer (wegen des Sitzens) anging, stark eingeschränkt, habe ich unheimlich viel Entgegenkommen und nicht selbstverständliches Verständnis erlebt – für Pausen, Absagen, Terminverschiebungen oder -verlagerungen in den digitalen Raum – und vieles andere mehr. 

All dieses Mittragen und Dasein – im Diakonischen Werk und durch viele hilfsbereite Menschen im beruflichen und privaten Alltag – war für mich, rückblickend und nun wieder schmerzfrei, eine ganz besondere, dankbare Erfahrung die mir gezeigt hat, wie viel Mitmenschlichkeit in unserer Gemeinschaft steckt – und wie gut ein Netz tut, das wirklich trägt. Ein herzliches Dankeschön an alle, die in dieser Zeit für mich da waren!

Elisabeth Hartmann-Runge, Flüchtlingsbeauftragte 

Der Rundgang durch die Gedenkstätte Buchenwald ist ein Weg der Erinnerungen an unfassbares Leid , an Verbrechen gegen die Menschlichkeit in diesem KZ, an Faschismus und Totalitarismus. Buchenwald - ein exemplarisches Mahnmal mit Anfragen und einem Auftrag an die, die es besuchen.

Zum Schluss eine fast leere Halle mit einem Tresen mit vielen kleinen Broschüren in mehreren Sprachen: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948. 

Hinter dem Tresen zwei junge Freiwillige, vielleicht noch nicht so lange in Deutschland. Mit womöglich eigenen Erfahrungen vom Fliehen und Verfolgtwerden oder denen ihrer Eltern. 

Ich fand es in diesem Moment unpassend zu fragen, was sie an diesem Ort erleben und denken. Ich habe einige der kleinen Hefte eingesteckt und ihnen gewünscht, dass viele Menschen dieses Material mitnehmen. "Ja, es könnten gern noch mehr Menschen hier vorbeikommen“, bestätigte einer von ihnen.

Das war Anfang November, einem der Monate, in denen das "Nie wieder Faschismus in Deutschland“ besonders ausbuchstabiert wird. 

So auch jährlich am 27. Januar, dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. In diesem Jahr gab es zeitnah dazu eine erschütternde Abstimmung im Bundestag: Für einen migrationspolitischen Antrag bekam der Kanzlerkandidat Friedrich März eine Mehrheit nur mit den Stimmen der AfD. 

“Nie wieder ist jetzt!” ist die Bewährungsfrage. Sie stellt sich zunehmend und insbesondere ab Mitte 2026 stellt, wenn das Gemeinsame Europäischen Asylsystem in Kraft treten wird. “Solidarität” bedeutet darin, bei der Abwehr von Schutzsuchenden zusammenzuarbeiten.

Ich hoffe, dass wir als Kirchenkreis uns mit unseren Überzeugungen bewähren und mit unserer Botschaft und unserer Praxis Haltung zeigen für Menschenrechte, Menschenwürde und Humanität.

Roman Röpstorff, Leiter von jung+evangelisch 

Das Jahr 2025 liegt nun fast hinter mir. Seit dem 1. September darf ich für den Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg in der Fachstelle für die Arbeit mit jungen Menschen jung+ev. tätig sein und ganz viele tolle Menschen kennen lernen. Junge Menschen, die sich so vielfältig einbringen und ihre Sicht von Kirche und Gesellschaft selbstbewusst vertreten. Junge Menschen, die sich aus- und weiterbilden lassen, um in ihren Gemeinden Verantwortung für Gruppen zu übernehmen. Hauptamtliche Kolleg:innen in den Regionen und Gemeinden, die ihre Fachlichkeit parteilich für Junge Menschen kompetent einsetzen. Mitarbeiter:innen im Kirchenkreis, in der Verwaltung, den Diensten und Werken und an den verschiedenen Standorten, die mit so viel Begeisterung und Herz gemeinsam unterwegs sind. Darüber ist die Freude groß!

Der Schlüsselmoment für diese Freude war, als ich auf dem Kirchentag in Hannover erfahren habe, dass mich das Kuratorium nach meiner Bewerbung zum Vorstellungsgespräch einladen wird. Somit hatte ich eine aufgeregt-spannende, von Vorfreude und positiver Ungewissheit geprägte Zeit bis in den späten Juni hinein. Nachdem eine Entscheidung gefallen war, hieß es, den beruflichen Wechsel planen und gestalten.

Ich bin hier noch nicht ganz angekommen: so Vieles ist neu, noch unbekannte Gesichter und Namen, Funktionen und Abläufe… aber ich spüre dauerhaft die Freude über den Zauber des Neubeginns, bekomme viel Wertschätzung entgegengebracht und bin dankbar, mit so vielen tollen Kolleg:innen zusammen arbeiten zu dürfen!

Katrin Thomas, Präses der Kirchenkreis-Synode

Inmitten der Ambivalenz aller Erlebnisse in diesem Jahr, inmitten von Kriegen und unfassbarem Leid in der Welt, Hunger und Armut und ebenso auch Frieden und Liebe in der Familie und unter Freunden, zwischen einer Feier zum 50-jährigen Abitur-Jubiläum, Trauer und Abschied von einem Freund und wunderschönen Reisen, nach und vor Synoden- und Gremiensitzungen mitten hinein das:

Ein Gottesdienst am See! So berührend und wunderschön! Gott sei Dank! Für diese beiden Pastorinnen, für den See, das Wort Gottes und die Berührung des Heiligen Geistes. Gott sei Dank geschieht das immer wieder wie an diesem Sonntag am See.

Joachim Nolte, Beauftragter Kirche gegen Rechtsextremismus 

Ich will mich entscheiden, wo und wann diese Geschichte begonnen hat. Der Raum ist weiter als ich denke. Er weitet sich im Tun, in dem wir tun, was getan werden muss, was auf der Hand liegt. Auch diese Geschichte, dieser Moment, hat Vorgeschichten, Momente, Begegnungen, die zu dieser Geschichte führen, führten. Es ist auch eine Geschichte des Vertrauens und des weiten Raums unserer Kirche, ein Projekt in Freiheit zu gestalten.

Es waren intensive Begegnungen, die dazu führten, dass ich mit meinem mir eigenen Ausdruck und auf meine Weise an die erinnerungspolitische Arbeit meines Vaters seit Ende der 1980er angeknüpft habe.

Ich habe die Ausstellung "Rechte Gewalt in Hamburg von 1945 bis heute“  der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte nach Lübeck geholt.

Die Ausstellung wurde im Rahmen des sechswöchigen Projektes "Rechte Gewalt seit 1945 – Erinnern für die Zukunft“  in die St. Marien Kirche geholt und in der Gedenkfeier zum 8. Mai eröffnet.

Neben dem Gedenken am 8. Mai als Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Diktatur und dem Kriegsende, wurde auch die NS-Kontinuität sichtbar – hier in Bezug auf Rechte Gewalt seit 1945.

Für all die Wochen haben mir die Küster:innen Bernhard Drews und Paula Claussen einen Generalschlüssel der St. Marien Kirche anvertraut.

Welch ein Geschenk. Nach den Veranstaltungen konnte ich allein im Raum der St. Marien Kirche sein, das Licht löschen, bis nur noch das Kreuz über dem Altar angestrahlt war. 
Zur Ruhe kommen am Ende des Tages, von Draußen erreicht mich der Klang der Stadt, erreichen mich Stimmen. Hinaustreten an einem frühsommerlichen Abend in den Klang dieser Stadt.