Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Projekt „Expedition Kirche“ startet mit neuer Leitung

Holger Wöltjen ist Projektleiter der "Expedition Kirche". Copyright: Oliver Beck

Lübeck/Ratzeburg. Der Ev.-Luth. Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg hat ab sofort einen Projektleiter für seinen Zukunftsprozess „Expedition Kirche“. Holger Wöltjen übernimmt die Aufgabe, den umfangreichen Prozess zu koordinieren. Ziel ist es, Kirche angesichts zahlreicher finanzieller und struktureller Herausforderungen zukunftsfähig und relevant zu gestalten.

„Expedition Kirche“ steht für einen langfristigen Veränderungsprozess, der angesichts sinkender Mitgliederzahlen, rückläufiger Kirchensteuereinnahmen und steigender Kosten dringend notwendig geworden ist. Dabei sollen kirchliche Strukturen grundlegend neu geordnet und stärker auf die Lebenswirklichkeit der Menschen ausgerichtet werden: „Wir brauchen nicht nur einen weiteren Strukturprozess, um den Rückgang besser zu verwalten. Wir brauchen auch eine stärkere Bewegung hin zu den Menschen“, erklärt Holger Wöltjen.

Holger Wöltjens Werdegang

Der 46-jährige Holger Wöltjen bringt langjährige Erfahrung aus der Gemeindepädagogik und der kirchlichen Jugendarbeit mit. Nach seiner Ausbildung in Wuppertal und einem Anerkennungsjahr in Brandenburg arbeitete er zwölf Jahre als Gemeindepädagoge in der Lübecker Matthäi-Gemeinde. Zuletzt übernahm der Vater von vier Kindern die Leitung von “jung + evangelisch”, der Ev. Fachstelle für die Arbeit mit jungen Menschen im Kirchenkreis. 

Darüber hinaus ist Holger Wöltjen als Transaktionsanalytischer Berater durch das Pädagogisch-Theologische Institut der Nordkirche qualifiziert. Dabei handelt es sich um eine Ausbildung, die ihn befähigt, komplexe Veränderungsprozesse sensibel, klar und auf die zwischenmenschliche Dynamik achtend zu begleiten. 

Expedition mit offenem Ziel 

Den Begriff „Expedition Kirche“ hält Holger Wöltjen für treffend: „Expedition klingt nach Aufbruch, nach Abenteuer, nach einer Reise ins Ungewisse. Das macht Mut – und beschreibt gut, was vor uns liegt. Denn der Weg ist offen, das Ziel nicht fixiert, aber die Entscheidung, ihn zu gehen, ist gefallen.“

Ein zentrales Element des Prozesses ist die transparente Kommunikation: Zu Holger Wöltjens Aufgaben gehört die sorgfältige Prüfung aller relevanten Fakten, Zahlen und Entwicklungen und die strukturierte Weitergabe an die Kirchengemeinden. Ein erstes Ziel ist es, bis Oktober 2025 alle Gemeinden über die steigenden Herausforderungen umfassend informiert zu haben und ein gemeinsames Verständnis für die Ausgangslage zu schaffen.

Bei den aktuell stattfindenden Besuchen in den Kirchengemeinden beobachtet Wöltjen ein breites Spektrum an Reaktionen: „Viele sagen, endlich passiert etwas und andere fürchten, ihre Heimatgemeinde zu verlieren. Die Sorge um schwindende Bindung und Identität ist berechtigt. Deshalb ist es wichtig, offen zu sprechen und gemeinsam Bilder einer anderen Kirche zu entwickeln.“

Begleitet wird der Prozess von einer Steuerungsgruppe, die aus Mitgliedern des Kirchenkreisrats gebildet wurde. In regelmäßigen Abständen tritt Wöltjen mit dieser in den Austausch, um das weitere Vorgehen abzustimmen und zentrale Weichenstellungen zu beraten.

Was kann man von der „Expedition Kirche“ erwarten?

Für Wöltjen geht es im Kern um inhaltliche Fragen: „Was ist heute und in der Zukunft unser Auftrag als Kirche? Und was gehört nicht länger zu unseren Aufgaben? Es ist klar: Wir können nicht mehr so weitermachen wie gewohnt. Das wird zukünftig weder personell noch finanziell möglich sein. Nur zu sagen, was wir neu machen wollen, reicht nicht. Wir müssen auch klar benennen, was wir nicht mehr tun werden – und das wird schmerzhaft. Aber ohne dieses Loslassen kann nichts Neues entstehen.“ 

Dabei besteht eine gewisse Spannung: Einerseits ist in einzelnen Bereichen die Zeit zur Problembewältigung bereits sehr knapp, andererseits braucht ein tragfähiger Wandel auch Zeit, um mit der nötigen Sorgfalt, Tiefe und Beteiligung aller Akteure gestaltet werden zu können. Es gilt daher, die Balance zu finden zwischen Handlungsdruck und notwendiger Besonnenheit.

Kirche der Zukunft: Bewegung statt Verharren

Der Wandel, den die Kirche vollziehen muss, ist kein einfacher: Demografische Veränderungen, gesellschaftliche Entkirchlichung, politische Umbrüche und ein dramatischer personeller Umbruch sind die Herausforderungen.

„Wenn man sich die Bubble anschaut, die Babyboomer, die in den Ruhestand gehen, und was an Nachwuchs nachkommt, dann wird klar: Selbst, wenn anteilig genauso viele Menschen in kirchliche Berufe einsteigen würden wie früher, hätten wir trotzdem deutlich weniger Personal“, sagt Wöltjen. Und das betrifft alle kirchlichen Berufsgruppen. „Und diese deutlich kleinere Gruppe kann nicht das Gleiche tun wie bisher oder vielleicht sogar noch mehr.“ 

Nur wenn Kirche bereit ist, sich mit den veränderten Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen, kann sie neue Relevanz gewinnen: „Wir müssen uns auf den Weg machen, auch wenn der Kurs nicht bis ins Detail feststeht.“ 

Weitere Informationen zum Zukunftsprozess „Expedition Kirche“ gibt es hier.