Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Das Wort zur Woche: Gottes Liebe kennt keine Grenzen

Philip Graffam ist Propst im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Copyright: Guido Kollmeier

Das Wort zur Woche von Philip Graffam, Propst im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. 

Das Vaterunser: Gebet einer weltweiten Familie

Ich erinnere mich an einen Gottesdienst während meiner Studienzeit in einer großen Gemeinde in Seoul, Südkorea. Über tausend Menschen saßen dicht an dicht, draußen rauschte der Verkehr einer Millionenstadt, drinnen wurde es still. Ich verstand kaum ein Wort – nur die Melodie der Sprache, die Gesten, das gemeinsame Aufstehen. Dann begann die Gemeinde zu beten. Und obwohl alle Koreanisch sprachen, wusste ich sofort, was es war: das Vaterunser. In diesem Moment war ich nicht mehr der fremde Gast aus Deutschland, sondern Teil einer großen, weltweiten Familie.

Das Vaterunser hat mich durch viele Lebensstationen getragen – in anderen Ländern, in Gemeinden in Pommern und in der Propstei Lauenburg, in Zeiten des Aufbruchs und des Abschieds. Dieses Gebet verbindet mich mit Menschen, deren Sprache ich nicht spreche, und mit Gott, der uns versteht, noch bevor wir die richtigen Worte finden. Wenn mir die Kraft fehlt, betet es in mir weiter.

Gottes Liebe kennt keine Grenzen

An diesem Sonntag hören wir im Evangelium von einer Frau, die Jesus um Hilfe bittet – eine Fremde, die eigentlich nicht dazugehört. Doch ihr Vertrauen überwindet alle Grenzen. Jesus sagt zu ihr:

“Frau, dein Glaube ist groß! Dir geschehe, wie du willst.” (Matthäus 15,28)

Vielleicht ist das die leise Botschaft dieses Sonntags: Gottes Liebe kennt keine Grenzen. Sie verbindet Menschen über Sprachen, Kulturen und Kontinente hinweg. Und so bete ich – in Ratzeburg, Lübeck, in unseren Gemeinden des Kirchenkreises, in kleinen Gemeinschaften oder wo auch immer ich bin – das Vaterunser. Im Wissen, dass unzählige Stimmen auf der ganzen Welt dasselbe tun. Und dass wir in diesem Gebet nie allein sind.