Die Geschichte der Kirchengemeinde Wentorf

Wentorf ist eine junge Kirchengemeinde. Bis 1598 gehörte Wentorf zum Kirchspiel Bergedorf, ab dann zum neu gegründeten Kirchspiel Hohenhorn. Als 1894 das benachbarte Reinbek eine eigenständige Kirchengemeinde wurde, kam in Wentorf der Wunsch nach einer Umpfarrung des Ortes auf, zumal viele Wentorfer nach Reinbek in den Gottesdienst gingen anstatt in das weiter entfernte Hohenhorn. Zum 1. März 1898 wurde Wentorf in die Kirchengemeinde Reinbek eingegliedert und schied damit zugleich aus der Lauenburgischen Landdessuperintendentur aus, denn Reinbek gehört zum Kirchenkreis Stormarn. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Einwohnerzahl Wentorfs stark an. Zur besseren seelsorgerlichen Betreuung der Menschen wurde 1948 der Seelsorgebezirk Reinbek-Süd eingerichtet. Zunächst fand insbesondere für alte und gebrechliche Menschen, denen der Weg zur Reinbeker Kirche zu weit war, einmal im Monat ein Gottesdienst in der Grundschule statt, doch das konnte in Hinblick auf die beengten und für liturgische Zwecke nicht angemessenen Raumverhältnisse keine dauerhafte Lösung sein. 1951 wurde daher das Martin-Luther-Haus mit einem Kirchsaal und einem Pastorat errichtet, und zwei Jahre später folgte der Bau der Kirche.

Wentorf wird eigenständige Kirchengemeinde

Der Bau von Gemeindezentrum und Kirche in den 1950er Jahren erfolgte zeitgleich mit dem Bemühen Wentorfs, eine eigenständige Kirchengemeinde zu werden. Seit 1948 bildete Wentorf zusammen mit Reinbek und Glinde den Kirchengemeindeverband Reinbek und erhielt dadurch eine gewisse Eigenständigkeit. Am 9. März 1952 wurde der von der Gemeindeversammlung gewählte erste Wentorfer Kirchenvorstand in sein Amt eingeführt. Die endgültige Lösung von Reinbek erfolgte zum 1. April 1954, als Wentorf nach der Auflösung des Kirchengemeindeverbands Reinbek zu einer eigenständigen Kirchengemeinde erhoben wurde. Bis 2009 gehörte die Kirchengemeinde Wentorf zum Kirchenkreis Stormarn, schloss sich dann aber im Zuge der Fusion der nordelbischen Kirchenkreise dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg an.

Die Martin-Luther-Kirche

Die Martin-Luther-Kirche wurde am 29. November 1953 eingeweiht, der Bau des Glockenturms folgte 1956. Er erhielt eine 300 Jahre alte Glocke aus Schlesien, die Pastor Zimmer auf dem Glockenfriedhof im Hamburger Hafen entdeckt hatte. 1976 wurde die Kirche durch die Architekten Klaus und Ursula Löwe umgestaltet, wobei auch die festen Kirchenbänke durch Stühle ersetzt wurden. Die künstlerische Ausgestaltung Kirche erfolgte erst in jüngerer Zeit. Bemerkenswert ist hier vor allem das Relief mit dem Titel „Solange die Erde besteht“, das zwischen 1992 und 1994 unter der künstlerischen Leitung von Friederike Werner von Mitgliedern der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde in Wentorf entworfen wurde. Auf vier Tafeln in Betongusstechnik ist die Sintflutgeschichte dargestellt, die fünfte Geschichte zeigt Petrus, der die Sicherheit des Schiffs verlässt und über das Wasser geht. Die zum Teil ungewöhnlichen Motive wie zum Beispiel die Fluten, die die zurückgelassenen Menschen erfassen, und die Enge in der Arche bringen Bedrängnis und Hoffnung zugleich zum Ausdruck. Ebenfalls sehr jung sind die Buntglasfenster, die nach einem Entwurf von Albert Ultsch aus Bamberg von der Firma Derix Glasstudios in Taunusstein gefertigt und der Gemeinde am 28. September 2008 feierlich übergeben wurden.

Dieser Text ist ein verkürzter Auszug aus dem Bildband  „Salz der Erde – Licht der Welt – Evangelisch-Lutherische Kirche zwischen Trave und Elbe“ mit Texten von Dr. Claudia Tanck und Fotografien von Manfred Maronde. Das Buch ist 2016 im Hinstorff-Verlag in Rostock erschienen und kann zum Preis von € 29,99 in den Kirchenkreisverwaltungen in Lübeck und Ratzeburg sowie im örtlichen Buchhandel bezogen werden.