Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Kleine Gemeinde, großes Vorbild: Lütau setzt auf Klimaschutz

Zwölf Jahre lang opferten Olaf Dey (links) und Michael Eggers viel Freizeit, um das ehrgeizige Klimaschutz-Projekt in Lütau auf den Weg zu bringen. Copyright: Kirchengemeinde Lütau

Lütau. Auf dem Weg zur Klimaneutralität ist die Kirchengemeinde in Lütau (Herzogtum Lauenburg) so weit wie keine andere in Norddeutschland. Möglich macht es eine Holzhackschnitzel- und eine Solarthermie-Anlage, die die drei kirchlichen Gebäude mit erneuerbarer Energie versorgt. Eine Bestandsaufnahme.

Der Weg zur Klimaneutralität

Anfang Oktober 2022, als die Nordkirche das Landeserntedankfest in der 700-Einwohner-Gemeinde feierte, wurde die Anlage offiziell von Bischöfin Kirsten Fehrs in Betrieb genommen. „Zuvor hatte es bereits eine Start- und Testphase im Winter 2021 gegeben“, sagt Michael Eggers. Der 58-Jährige ist Vorsitzender des örtlichen Kirchengemeinderates und mit Olaf Dey einer der Initiatoren des ehrgeizigen Projekts. Seine erste Bilanz: Obwohl der Ehrenamtliche hier und da noch nachjustieren und bisweilen auch nachts raus muss, ist er zufrieden. Mehr noch: „Es läuft wunderbar. Wir waren der Zeit mit unseren Plänen weit voraus und haben damit alles richtig gemacht.“

"Wir haben alles richtig gemacht"

Bereits im Jahr 2012 beschloss die Kirchengemeinde klimaneutral werden zu wollen. Das erklärte Ziel: drei kirchlich genutzte Gebäude – die Kirche St. Dionys und St. Jakobus, das Pastorat und den Kindergarten mit erneuerbarer Wärme zu versorgen. Genutzt werden sollten dafür die eigenen Knickholzabfälle, die für den Betrieb einer Holzhackschnitzelheizanlage ausreichen. Neben einem Heizhaus für den Heizkessel und automatische Beschickungstechnik sollte eine Solarthermie-Anlage errichtet werden.

Die engagierten Lütauer ließen nicht locker

Soweit der Plan. Wie viel Arbeit auf die Verantwortlichen zukommen würde, das war auch Michael Eggers  und seinen Mitstreitern damals nicht bewusst. „Pro Woche haben wir locker 20 Stunden und mehr in Konzeptionierung und Planung investiert.“ Nicht wenige Hürden galt es zu nehmen. „Zwischendurch gab es auch durchaus Stimmen, die sagten, das werde eh nichts.“ Aber: Keiner der engagierten Lütauer ließ locker. Wichtige Expertisen wurden eingeholt, elementare finanzielle Mittel eingeworben.

Rund 830 000 Euro sind in die Holzhackschnitzel- und die Solarthermie-Anlage-Anlage geflossen. Als ausgewählte Maßnahme des Klimaschutzmanagements der Nordkirche wurden für das Projekt Mittel der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundes in Höhe von 200 000 Euro bewilligt. Die Europäische Union steuerte weitere 100 000 Euro für das Zukunftsprojekt bei. Die verbliebenen Kosten teilen sich die Nordkirche, der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg und die Kirchengemeinde. „Nicht zu vergessen ist der herzliche Dank allen Förderern unseres Projekts“, ergänzt Eggers.

Eine neue Heizung für die Kirche

Neben dem Pastorat ist ein Heizhaus mit einer Holzhackschnitzel-Heizanlage entstanden. Komplettiert wird das klimaschonende Wärmekonzept durch eine angrenzende Solarthermie-Anlage. Im Winter sorgt die Holzhackschnitzel-Heizanlage für Wärme in der Kirche. Dafür ist das Heizungssystem der Kirche erneuert und die in die Jahre gekommene Luftheizung durch eine Fußbodenheizung ersetzt worden.

Gemeinde pflanzt 8000 neue Bäume 

Für den Betrieb der Anlage benötigt die Kirchengemeinde pro Jahr das Holz von etwa 600 Metern Knick. „Tatsächlich stehen uns aber rund dreimal so viel Knickholz zur Verfügung, wie wir benötigen“, erläutert Michael Eggers. Das bedeutet: Nachschubmangel ist für die Kirchengemeinde kein Thema. Und doch: Auch in diesem Punkt setzt Lütau auf Weitsicht: „Wir haben einen Wald mit schnell wachsenden Hölzern angelegt, um einen potenziellen Puffer zu haben.“ Insgesamt 8000 Bäume sind dafür gesetzt worden. Zusammen mit unseren Pächtern werden wir zudem die vorhandenen Knicks verbreitern und Lücken schließen. Dies kommt auch der Tier- und Insektenwelt zugute.

Außerhalb der Heizsaison werden zwischen März und Oktober die drei Gebäude ausschließlich über die Solarthermie-Anlage mit Sonnenwärme versorgt. Auch das benötigte Warmwasser wird so erzeugt. In Summe bedeutet dies, dass die Gemeinde 80 Prozent der Treibhausgasemissionen einspart. Eine geplante Photovoltaikanlage wird diesen Prozentsatz noch starkt erhöhen, da damit dann auch die elektrischen Pumpen etc. klimaneutral versorgt werden können.

Lütau ist ein Vorzeigeprojekt

Lütau ist ein Vorzeigeprojekt - nicht nur im Kirchenkreis, auch für die Nordkirche. „Durch Veranschaulichung des Projektes mit Schautafeln, Ausstellungen, Führungen und Veranstaltungen möchte die Kirchengemeinde das Thema für alle erlebbar machen. Es ist ein positives Beispiel für klimabewusstes Handeln, das die Nordkirche sehr gern unterstützt“, erklärt Annette Piening vom Klimaschutzbüro der Nordkirche.

Großes Interesse am Klimapfad

Und der „Lütauer Klimaschutzpfad“ kommt gut an. „Nicht nur für Pilger ist das, was bei uns entstanden ist, interessant“, sagt Michael Eggers. Auch für Kinder und Jugendliche ist das Projekt spannend. „Zurzeit planen wir verschiedene Bildungsprojekte für verschiedene Altersgruppen - von Krippen-Kindern bis zu Abiturienten“, berichtet der 58-Jährige, der auch immer wieder konkrete Fragen zur Anlage und Technik von interessierten Bürgern und Institutionen erhält.

Und jetzt, wie geht es weiter nach erfolgreichem Test- und schließlich gelungenem Realbetrieb? „Naja, langweilig wird uns sicher nicht“, sagt Michael Eggers. Schließlich gebe es hier und da, speziell bei der Heizungssteuerung noch Optimierungspotenzial. So feilt der EDV-Experte gerade an technischen Möglichkeiten, wie ein Rechner anhand von Wetterdaten berechnen kann, ob am Folgetag der Kessel angeheizt werden muss oder eben nicht. „Tatsächlich gibt es dafür keine computergestützten Steuerungsmodelle“, sagt der KGR-Chef. Aber: Lütau wäre nicht Lütau, wenn nicht auch für diesen Aspekt eine Lösung gefunden werden würde.