Die Kirchenbauhütte des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg
Junge Leute für alte Steine: Kirchenbauhütte sucht Auszubildende
„Junge Leute für alte Steine” – unter diesem Motto sucht die Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg Nachwuchs für den Erhalt wertvoller Gotteshäuser.
Seit 1951 sind die Fachleute der Bauhütte im Backsteingotikraum Norddeutschlands tätig. Als einzige Kirchenbauhütte in Norddeutschland bietet sie jungen Menschen die Chance, das Maurerhandwerk mit dem Fokus auf Denkmalpflege und historische Bausubstanz zu erlernen.
Die Ausbildung
Die Ausbildung zur Maurerin bzw. zum Maurer erfolgt im dualen System – mit überwiegender Ausbildung bei der Kirchenbauhütte und zeitweisen Einsätzen in einem Lübecker Handwerksbetrieb, um alle historischen und modernen Ausbildungsinhalte des Maurerberufs vermittelt zu bekommen.
Wer Interesse an traditioneller Baukultur, historischem Mauerwerk und handwerklicher Präzision mitbringt, ist hier genau richtig. Zur vollständigen Stellenausschreibung geht es hier.
Liane Kreuzer, Leiterin der Bauabteilung im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg: „Seit das Bauhüttenwesen als Immaterielles Kulturerbe anerkannt wurde, ist auch die Weitergabe des alten Wissens unsere Aufgabe. Wir freuen uns auf Bewerbungen von jungen Menschen, die mit anpacken und Teil dieses besonderen Handwerks werden möchten!“
Weitere Informationen und Bewerbung:
Ansprechpartner:
Hüttenmeister Sven Kalkhorst-Fechner
Telefonnummer: 0451-3 84 66 32
Mail: skalkhorst-fechner@kirche-ll.de
Bitte senden Sie Ihre vollständige Bewerbung an: bewerbung@kirche-ll.de
Oskar Rißmann – Der erste Azubi der Kirchenbauhütte
Seit dem 1. August 2024 hat die Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg ihren ersten Auszubildenden: Oskar Rißmann. Der 17-jährige Lübecker wird zum Maurer ausgebildet – mit dem besonderen Fokus auf den Erhalt alter Kirchen.
„Ich finde es schön, wenn man Altes und Schönes erhält und nicht einfach gehen lässt“, sagt Rißmann, der seinen Realschulabschluss an der Geschwister-Prenski-Schule gemacht hat. Statt Bürojob hat er sich für Bauhelm und Mörtel entschieden – begeistert von historischen Gebäuden und traditionellen Arbeitstechniken.
Bereits in der 9. Klasse absolvierte er ein Praktikum bei der Kirchenbauhütte. „Altbauten haben mich schon immer interessiert“, erzählt er. Auch sein Vater, selbst Maurer und inzwischen Berufsschullehrer, war dabei ein prägendes Vorbild. Der Wunsch, draußen etwas zu schaffen, statt drinnen zu sitzen, war für Oskar früh klar.
Die Kollegen der Bauhütte waren schnell überzeugt: „Er hatte von Anfang an Lust – und das merkt man“, sagt Ausbildungsleiter Christian Bracker. „Mit einem Azubi ist es nochmal anders als mit FSJlern – das ist eine tolle Chance für beide Seiten.“
Oskar sammelt schon erste Erfahrungen auf den Baustellen: Zwei Wochen hat er bereits am Ratzeburger Dom gepflastert, auch an der Lübecker Marienkirche durfte er mitarbeiten. Großbaustellen wie der Lübecker Dom reizen ihn besonders: „Ich freue mich, später mal intensiv in einer Kirche zu arbeiten – und auf hohe Gerüste!“
Die Kirchenbauhütte beschäftigt acht feste Mitarbeiter und ist für die großen Kirchen der Lübecker und Lauenburger Propstei zuständig – darunter der Dom, St. Marien, St. Jakobi, St. Aegidien und St. Petri. Sie alle gehören zum UNESCO-Welterbe.
Das Bauhüttenwesen hat mittelalterliche Wurzeln. Dort wurde erstmals das gesamte Wissen rund um Baukunst und Handwerk an einem Ort vereint. Seit 2020 gilt das europäische Bauhüttenwesen als „Best Practice“-Beispiel für immaterielles Kulturerbe der UNESCO – mit der klaren Aufgabe, das Wissen an die nächste Generation weiterzugeben.
Und genau das passiert – mit Oskar Rißmann.
Die Bauhütte des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg ist etwas Besonderes. Sie ist die einzige Bauhütte in ganz Norddeutschland
Seit ihrer Gründung im Jahre 1951 hat sie alle wichtigen Maurerarbeiten, viele Zimmerer- und sonstige Arbeiten an St. Marien, St. Petri, St. Jakobi, am Dom und auch an vielen anderen Plätzen in beiden Bezirken des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg ausgeführt. Ihre besondere Kunst war die Neueinwölbung kriegszerstörter Gewölbe in mittelalterlicher Bauweise. Auf diese Art sind viele Gewölbe von St. Marien und St. Petri sowie alle 17 Gewölbe des gotischen Chores des Domes wiederhergestellt worden. Auch bei der Pflege der großen Kirchen fällt der Bauhütte eine zentrale Rolle zu. Sie hat sich bei allen denkmalpflegerischen Arbeiten, auch in kleineren Kirchen bestens bewährt. Von Travemünde bis Lauenburg kennt das Team der Bauhütte mittlerweile viele Türme, Gewölbe, Decken und Mauerwerke.
8 Männer für 62 historische Kirchen
Sieben Maurer und ein Zimmermann gehören derzeit zum Team der Kirchenbauhütte. So unterschiedlich sie auch sind, alle eint die Begeisterung für ihren Beruf. Mit den Händen zu arbeiten, historische Werkstoffe zu nutzen, Altes zu erhalten und Handwerkstradition zu pflegen.
Seit 2010 ist die Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg anerkannte Einsatzstelle für das Freiwillige Soziale Jahr in der Denkmalpflege, kurz FSJ. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bietet über ihre Jugendbauhütten jungen Menschen die Möglichkeit, verschiedene Berufsfelder im Denkmalschutz in Theorie und Praxis kennenzulernen. Insgesamt 62 historische Kirchen gibt es im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Sie alle gehören in das Aufgabengebiet der Bauhütte. Mit dem FSJler und dem Hüttenmeister kümmern sich insgesamt zehn Männer um das sakrale geschichtliche Erbe direkt vor der eigenen Haustür.
Der Hüttenmeister ist eine historische Berufsbezeichnung. Er organisierte und koordinierte alle Gewerke im Kirchenhandwerk und sorgt für Erfahrungsaustausch und Wissensvermittlung. Er ist stark mit anderen Hüttenmeistern vernetzt. Einmal im Jahr trifft man sich u.a. auf Dombaumeistertagungen, um sich mit Fachleuten aus ganz Deutschland die ebenfalls an den ganz großen Kirchen Europas arbeiten, auszutauschen, denn zu seinen Kirchen gehören u.a. die berühmten sieben Türme der fünf großen Innenstadtkirchen Lübecks. So ist er auch in Lübeck gut vernetzt und steht in regem Austausch mit den lübschen Gästeführern.
Der Hüttenmeister
Der Hüttenmeister ist eine historische Berufsbezeichnung. Er organisierte und koordinierte alle Gewerke im Kirchenhandwerk und sorgt für Erfahrungsaustausch und Wissensvermittlung. Er ist stark mit anderen Hüttenmeistern vernetzt. Einmal im Jahr trifft man sich u.a. auf Dombaumeistertagungen, um sich mit Fachleuten aus ganz Deutschland die ebenfalls an den ganz großen Kirchen Europas arbeiten, auszutauschen, denn zu seinen Kirchen gehören u.a. die berühmten sieben Türme der fünf großen Innenstadtkirchen Lübecks. So ist er auch in Lübeck gut vernetzt und steht in regem Austausch mit den lübschen Gästeführern.
Aber auch die kleinen Kirchen sowohl in der Stadt als auch im ländlichen, üben einen Reiz auf den Maurermeister auf. Denn auch diese sind ursprüngliches, historisches Erbe, was es zu pflegen gilt.
Die Projekte
Größtes derzeitiges Projekt ist die Sanierung der Sieben-Türme. Von 2013 bis 2018 konnten die Handwerker der Kirchenbauhütte den Turm der St. Petrikirche zu Lübeck erfolgreich sanieren. Nach einem intensiven Monitoring und Untersuchungsabschnitt gemeinsam mit Fachleuten, Handwerker und der Kirchenbauhütte, ist die Wetterschale des Turmes wiederhergestellt.
Die Backsteinfassade der Kirche aus dem 12. Jahrhundert war durch Frost und eintretende Feuchtigkeit stark geschädigt. Einige Risse in der Fassade waren an einigen Stellen bis zu drei Mauerwerksteine tief. Ca. 2.000 Quadratmeter Fassadenfläche wurden daher in den letzten Jahren durch die Kirchenbauhütte repariert, 75 schmiedeeiserne Anker wurde überprüft und teilweise ersetzt.
Doch mit der Fertigstellung des Petrikirchturmes ist die Arbeit an den Sieben Türmen Lübecks nicht beendet. Demnächst wird die Kirchenbauhütte die Sanierung der Turmschäfte von Norder- und Südturm der Marienkirche zu Lübeck in Angriff nehmen. Hier werden sie sich mit dem Treibmineralischen Problem und der Lagesicherung der großen Granitquader an den Ecken auseinandersetzen.
Parallel wird an den Türmen des Lübecker Domes zur Zeit ein Untersuchungsabschnitt durchgeführt, bei dem die Kirchenbauhütte den zuständigen Fachleuten mit Rat und Tat zur Seite steht, u.a. mit Erstellen von Probeöffnungen und anlegen von Musterflächen.
Viele der Arbeiten im Handwerk sind vom Wetter abhängig. Frost, Schnee und Sturm zwingen auch die Männer der Kirchenbauhütte zu Pausen. Doch auch im Winter gibt es einiges zu tun. Dann gehen die Männer in die Gebäude und reinigen z.B. die Gewölbe der Kirchen, reparieren Fehlstellen in den Fußböden und kümmern sich um immer wiederkehrende anfallende Reparaturarbeiten. Immer wieder gibt es Holzarbeiten zu erledigen, viele Kirchen müssen gekalkt werden. Außerdem sind sie unverzichtbar in der Kirchraumpflege. Denn wo die Küster mit ihren Feudeln, Besen und Saugern nicht mehr hinkommen, rückt die Bauhütte auch mal Spinnweben und Staub zu Leibe. Mit Leitern und Gerüsten arbeiten sie viel weiter oben und sorgen für Glanz im Hause Gottes.
Wissen und Können seit dem Mittelalter
Die Organisation, die seit dem 13./14. Jahrhundert den langjährigen Kirchenbau durchführte und für die Bauunterhaltung zuständig war, wird seit dem Spätmittelalter ‘Hütte’ genannt. Die in den Werkstätten und auf der Baustelle arbeitenden Handwerker standen unter der verantwortlichen Leitung des Hüttenmeisters; sie wurden teilweise auch von der Hütte beköstigt und wohnten verschiedentlich in hütteneigenen Häusern.
Die Bauhütten des Mittelalters hatten noch einen anderen Personalbestand: Maurer, Ziegler, Steinmetze, Bildhauer, Steinbrecher, Mörtelmacher, Putzer, Tüncher, Zimmerleute, Dachdecker und Hüttenknechte bevölkerten die Baustelle. Die tägliche Arbeitszeit begann damals im Sommer schon um 5 Uhr früh und endete erst um 19 Uhr abends, morgens und mittags unterbrochen von einer Stunde Pause. Das ergab im Sommer eine tägliche Arbeitszeit von 11,5 Stunden. Da am Samstag schon um 17 Uhr Feierabend war, ergab das im Sommer eine wöchentliche Arbeitszeit von 67,5 Stunden. Im Winter reduzierte sich die Arbeitszeit auf zehn Stunden oder weniger. Die Tradition der Bauhütten ging mit der Zeit verloren und wurde vielerorts erst wieder im 19. und 20. Jahrhundert fortgeführt.
Es gibt wenige Hütten, die diese Zeit überdauert haben. Andere haben sich aber wieder neu gegründet und führen die Tradition heute fort. Die Errungenschaften des Bauhüttenwesens hat es ins Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Unesco in Deutschland unter dem Titel „Best Practice“ geschafft. Seit September 2018 sind dort 10 Bauhütten aus Deutschland gelistet, auch die Lübecker Kirchenbauhütte ist dabei.
Seit Februar 2019 liegt nun ein gemeinsamer Antrag von Hütten aus fünf europäischen Staaten auf Eintragung in das Internationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Paris vor und alle hoffen auf eine positive Entscheidung der Unesco-Kommission im Jahre 2020.